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hr4 Feiertagsgottesdienst aus Sankt Martin, Idstein

hr4 Feiertagsgottesdienst aus Sankt Martin, Idstein

Beate Hirt
Ein Beitrag von Beate Hirt, Senderbeauftragte der katholischen Kirche beim hr, Frankfurt

Katholischer Gottesdienst am 2. Weihnachtsfeiertag, 26. Dezember 2019, 10.05 - 11.00 Uhr, live in hr4
aus der Pfarrkirche Sankt Martin in Idstein


Den Gottesdienst zum Nachhören gibt es ab Freitag, 27. Dezember, bei hr4.de.

Liturgie und Predigt: Pfarrer Kirsten Brast

Musikalische Mitwirkende:
Chor: „Weihnachtsprojektchor St. Martin“
Kantorin: Johanna Moos
Orgel und musikalische Leitung: Bezirkskantor Franz Fink

Kirchliche Redaktion: Beate Hirt, Senderbeauftragte der kath. Kirche beim hr

Predigt:

Liebe Schwestern und Brüder, liebe Hörerinnen und Hörer,

I. „Gaffer“, Schaulustige, waren auch in diesem Jahr in der Berichterstattung sehr präsent: Menschen also, die im Privatleben anderer, vor allem aber auch bei Unfällen und Verbrechen ihre Neugier befriedigen. Oft behindern sie dabei Rettungsarbeiten und polizeiliche Ermittlungen. Und immer häufiger fotografieren und filmen sie die Opfer und stellen diese Bilder ins Internet, damit wieder andere sich daran ergötzen können. Ein unwürdiges und abstoßendes Verhalten, das zu Recht viel Empörung auslöst.

Hinzusehen kann aber ebenso auch richtig sein. Vor Gericht sind Augenzeugen von großer Bedeutung. Menschen, die nicht schaulustig sind, sondern die unter Eid aussagen. Die mit ihrer ganzen Person und Glaubwürdigkeit und gar nicht so selten mit ihrem Leben einstehen für das, was sie gesehen haben. Menschen, die Licht ins Dunkel bringen und eine Hilfe sind, damit Recht gesprochen werden kann.

II. Wir feiern Weihnachten und der Blick auf die Weihnachtskrippe lässt uns nicht nur Maria und Josef mit dem Kind sehen, sondern auch die Hirten. Sie sind, aufgerüttelt durch die Botschaft der Engel, vor die Tore Bethlehems an den Stall geeilt, um den neugeborenen König zu sehen. Sie sind keine Gaffer, die nur ihre Schaulust befriedigen wollen – sie sind Zeugen. Sie sollen dieses welthistorische Geschehen, dem sie beiwohnen dürfen, bezeugen. „Wir haben seine Herrlichkeit gesehen“ heißt es zu Beginn des Johannesevangeliums, als von der Geburt Jesu die Rede ist. Die Herrlichkeit Gottes, die sich so sehr unterscheidet von der Herrlichkeit dieser Welt. Die Herrlichkeit Gottes, die aufleuchtet in einem kleinen, wehrlosen Kind inmitten einer obdachlosen Familie in einem armseligen Stall. Und die Hirten, die mit ihren eigenen Augen Zeugen dafür geworden sind. Sie sind damit die ersten in einer großen Schar. Menschen, die Christus gesehen und gehört haben, die ihm gefolgt sind, seine Jünger wurden. Die über seine Worte und Wunder staunten und die klagten, als er am Kreuz hing. Oder aber die vielen, die nicht ihre Augen auf ihn richten konnten und doch zum Glauben an ihn kamen. „Wir haben seine Herrlichkeit gesehen.“

III. Der heutige Tag lässt uns einem Mann aus dieser Schar begegnen: Stephanus. Er war nicht in der Heiligen Nacht dabei. Aber auch er ist zum Glauben an Jesus Christus gekommen, den er gesehen und gehört hat, und er ist sein Zeuge geworden. Denn Stephanus erzählt auch dann von dem, was er erlebt hat, als es für ihn gefährlich wird, lebensgefährlich. Die Lesung aus der Apostelgeschichte schildert es: Stephanus, der mit seiner ganzen Person und Glaubwürdigkeit, ja sogar mit seinem Leben dafür einsteht: „Ich sehe den Himmel offen und den Menschensohn zur Rechten Gottes stehen.“ Diese Worte entgegnet er der wütenden Menge, die ihm nach dem Leben trachtet. Und wie ernst er es mit seinem Zeugnis meint, stellt er im Augenblick seines Todes unter Beweis: „Herr, rechne ihnen diese Sünde nicht an.“ Er vergibt denen, die ihn töten, weil er Christus mit seinem ganzen Leben und Handeln bezeugt, ja er ihm gleich geworden ist. So wird er zum Zeugen, griechisch „martys“ – Märtyrer.

IV. Im Weihnachtsereignis macht sich der große und allmächtige Gott klein und wehrlos, macht sich der unsichtbare Gott für uns sichtbar. Er tut dies nicht, um menschliche Neugier und Schaulust zu befriedigen, sondern er tut es aus Liebe. Liebe, die bis zum äußersten geht, die sich hingibt am Kreuz. Er will den Menschen so nahe wie möglich kommen und er will sie als Zeugen gewinnen. Menschen, die IHN bezeugen mit ihrer ganzen Person und Glaubwürdigkeit. Wie viele Christen im Nahen Osten, in Afrika, in Indien und sonstwo in unserer Welt tun dies auch an diesem Weihnachtsfest ähnlich dem Hl. Stephanus? Unter schwierigsten Umständen, unter Bedrängnis und Verfolgung, gar unter Einsatz ihres Lebens bekennen sie sich zum menschgewordenen Gott.

V. Wir haben es da ungleich leichter. Das sollte uns dankbar und auch etwas demütig sein lassen. Zugleich aber sollten wir neu erkennen: ER braucht Menschen, die erlebt und erfahren haben, wie er sie liebt, wie er in ihrem Leben gewirkt hat – und die dafür Zeugen sind auch in unserer Zeit und in unserem Land. Die nicht nach dem kurzen Blick auf die nächste Sensation gieren, sondern das Verborgene sehen. Und dieser Ruf Gottes ergeht nicht an irgendwen. Er ergeht an mich – wie an jeden, der zum Glauben an Gott kommt. Ich soll und darf Zeuge sein. Durch mein Bekenntnis zu Gott, durch die Art und Weise, wie ich lebe und mit meinen Mitmenschen umgehe. In meinem Leben und meinem Umfeld, mit meinen Gaben und Grenzen. Als einer der Menschen, die mit Johannes sagen können: „Wir haben seine Herrlichkeit gesehen.“ Amen.

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