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Christmette in hr2-kultur aus Sankt Josef, Neu-Isenburg

Christmette in hr2-kultur aus Sankt Josef, Neu-Isenburg

Beate Hirt
Ein Beitrag von Beate Hirt, Senderbeauftragte der katholischen Kirche beim hr, Frankfurt

Katholische Christmette am 24. Dezember 2019, 22.15 – 23.15 Uhr,
live in hr2-kultur
aus der Pfarrkirche Sankt Josef in Neu-Isenburg


Den Gottesdienst zum Nachhören gibt es ab Freitag, 27. Dezember, bei hr4.de.

Liturgie und Predigt: Pfarrer Martin Berker

Musikalische Mitwirkende:
Chor: „Weihnachtsprojektchor St. Josef“
Orgel: Christos TheelTraversoflöte: Sachiko Yoshida
Barock-Oboe: Shogo Fujii
Musikalische Leitung: Regionalkantorin Regina Engel

Kirchliche Redaktion: Beate Hirt, Senderbeauftragte der kath. Kirche beim hr

Predigt:

Liebe Schwestern und Brüder, hier in Neu-Isenburg und am Radio!

„Frieden ist auf Erden bei den Menschen seiner Gnade!“.  So haben wir es eben am Ende der Weihnachtsgeschichte aus dem Lukas-Evangelium gehört. Jetzt also, so jubeln die Weihnachtsengel, beginnt der Friede auf Erden. Mit der Geburt dieses Jesuskindes, das den Frieden bringt, sollen Krieg und Streit ein Ende haben. Aber wenn ich ehrlich bin:  Dieser Weihnachtsjubel kann einem schon etwas im Hals stecken bleiben. Haben wir heute wirklich Grund zur Freude und zum Jubel, heute an Weihnachten? Können wir heute wirklich Weihnachten feiern?  Was ist denn anders geworden, so frage ich einmal kritisch, in der Welt seit der Geburt Jesu, seit dem ersten Weihnachtsfest vor über 2000 Jahren? Die Welt ist ja kaum besser, kaum friedlicher geworden… Noch immer werden Kriege geführt, ganz schrecklich zum Beispiel in Syrien oder im Jemen. Können wir denn wirklich heute noch Weihnachten feiern? Angesichts der vielen Unsicherheiten unseres Lebens, unserer Welt. Wie geht es mit dem Klima weiter? Immer wieder gibt es Konferenzen, wie Anfang Dezember in Madrid, bei denen viel gesprochen und beraten wird, aber die Umsetzung scheitert dann oft wegen der verschiedensten Interessenskonflikte Während in unserer Welt immer noch Armut, Hungersnöte, Krieg, Gewalt und Zukunftsängste herrschen, fällt es mir schwer an den Frieden zu glauben.

Liebe Schwestern und Brüder, ich glaube: Wir brauchen Weihnachten gerade in dieser unfriedlichen Welt. Es soll ja zumindest ein Fest sein, was überall Menschen auf der Welt eine Verschnaufpause verschafft. Ein paar Stunden Weihnachtsfrieden, ein paar Geschenke, auch in großer Not. Andererseits, wenn wir uns an Weihnachten wie auf eine Insel der Seligkeiten zurückziehen und die Dunkelheit und das Leid der Welt, auch unsere eigene Dunkelheit einfach verdrängen, dann feiern wir meines Erachtens am tiefsten Geheimnis des Weihnachtsfestes vorbei! Die Botschaft von Weihnachten heißt ja gerade nicht: Plötzlich ist die Welt heil, Frieden überall. Die Botschaft von Weihnachten heißt vielmehr: Unser Gott kommt mitten hinein in die Dunkelheit der Welt! Ich muss dabei an ein Adventslied von Jochen Klepper denken, es heißt da. Dort heißt es: „Gott will im Dunkel wohnen und hat es doch erhellt.“ 

Wir feiern Weihnachten, die Menschwerdung Gottes - mitten in der Nacht, als nächtliche Feier. Damit wird deutlich: Wir verdrängen die Dunkelheit der Welt und unseres Lebens nicht einfach. Wir stellen uns der Dunkelheit, wir holen sie buchstäblich hinein in unser Weihnachtsfest. Wir stellen uns der Dunkelheit - wie immer sie in unserer persönlichen Situation auch aussehen mag - weil sich Gott selbst der Dunkelheit dieser Welt gestellt hat, weil er mitten in der Nacht geboren wurde. „Das Volk, das im Dunkeln lebt, sieht ein helles Licht.“ Mitten in der Dunkelheit unseres Lebens, unserer Welt beginnt ein Licht zu leuchten. Das heißt dann nicht: Plötzlich ist alles in Ordnung. Gott macht die Welt nicht einfach von oben her licht und hell, er verwandelt sie nicht mit einem Zauberwort. Nein: Er steigt herab in die Dunkelheit und Nacht, um die Finsternis von innen aufzubrechen. Und auch wir können mithelfen, die Dunkelheit aufzubrechen, die Dunkelheit in uns und die Dunkelheit in unserer Welt.

Ich wurde in diesen Tagen gebeten, für eine lokale Zeitung unserer Stadt ein besonderes Weihnachtsereignis zu schildern. Ich kann kein besonderes Weihnachtsereignis benennen, denn jedes Weihnachtsfest ist für mich ein besonderes Fest. Angelus Silesius, ein christlicher Mystiker, hat es vor etwa 350 Jahren so formuliert: „Und wäre Christus tausendmal in Bethlehem geboren und nicht in dir, so wärst du doch verloren.“ Dunkelheit überwinden, das heißt für mich: Ich muss mich selbst von Gott verwandeln lassen, ich muss kann das Weihnachtslicht in mir drinnen zum Leuchten bringen lassen und dann kann ich es auch an andere weitergeben.

Wenn ich Weihnachten in meinem Herzen begreife – dann wende ich mich auch mit meinem Herzen der Welt zu. Wenn Jesus einzieht, öffnet er Fenster und Türen der Herzens­wohnung. Wenn ich das Kind in der Krippe in meinem Herzen wohnen lasse, dann habe ich ein Herz für andere. Das heißt für mich jedes Jahr neu:

Das Kind lädt mich ein, heute neu anzufangen. Konkret: Ich gehe anders mit Menschen um.

Das Kind schaut mich an und wirft mir nicht meine Fehler vor. Ich will das Das will ich auch versuchen.

Das Kind setzt sich für den Frieden ein. Dieser Friede ist mir auch wichtig. Damit kann ich dieses Jahr anfangen oder auch mit seiner Hilfe Frieden weitertragen.

Das Kind in der Krippe verweist uns auf andere Werte, die in der Gesellschaft mehr und mehr verloren gegangen sind: Aufrichtigkeit, Bescheidenheit, Zufriedenheit und Treue. So kann das Weihnachtsfest neue Horizonte öffnen und neue Hoffnung schenken. Ja, die Hoffnung ist gerade heute das größte Geschenk, das wir uns wünschen können.

Am Ende dieser Feier, nach dem Segen, gehen wir wieder hinaus in die Nacht. Auch das ist ein Zeichen, wie wir Weihnachten verstehen sollen: Als Menschen, die dem Kind in der Krippe begegnet sind, die das Licht der Heiligen Nacht erfahren haben, als solche werden wir ausgesendet in diese Welt voller Dunkelheit und Nacht - symbolisch mit dem Friedenslicht, das von der Geburtskirche jedes Jahr in die Welt getragen wird. Bis zu mir nach Hause. Nun ist es an uns, dieses Licht, das in tiefster Nacht erschienen ist, hineinzutragen in die unvollkommene Welt und die Menschen erfahren zu lassen, was Weihnachten bedeutet.

„Das Volk, das im Dunkeln lebt, sieht ein helles Licht. Über denen, die im Land der Finsternis wohnen, strahlt ein Licht auf. Denn ein Kind ist uns geboren, ein Sohn ist uns geschenkt.“

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