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Lob - das wichtigste Mittel der Erziehung

Lob - das wichtigste Mittel der Erziehung

Dr. Peter Kristen
Ein Beitrag von Dr. Peter Kristen, Evangelischer Pfarrer und Studienleiter, Religionspädagogisches Institut Darmstadt

Da werden die italienischen Fußballfans verwundert gucken, wenn der Schiedsrichter die erste grüne Karte zieht. Der betroffene Spieler wird sich auch nicht darüber ärgern oder protestieren, er wird sich freuen und zufrieden sein, denn die grüne Karte honoriert faires Verhalten statt, wie die gelbe oder rote, brutales zu bestrafen.

Aus eigenem Antrieb sollen die Spieler zur Fairness beitragen und z.B. zugeben: Mein Ball war schon im Aus, oder was wie ein Foul aussah, war gar keins. Solches Verhalten soll der Unparteiische mit der grünen Karte belohnen dürfen. Zumindest in der 2. Liga in Italien.

In Italien ist noch nicht ganz klar, welche Belohnung der fairste Spieler oder die fairste Mannschaft am Ende der Saison bekommt. Einen Fairnesspokal vielleicht oder sogar einen Extrapunkt für die Abschlusstabelle. Bemerkenswert: Dem Lob, nicht der Angst vor Strafe trauen die Italiener mit der grünen Karte zu, am verlässlichsten Gutes zu bewirken.

Ich bin mir sicher: Lob ist auch das wichtigste Mittel in der Kindererziehung. Ich hab das ausprobiert: In einer fünften Klasse hab ich, statt zu meckern, wenn die Hausaufgaben fehlen, wenn jemand dazwischenredet oder sich nicht beteiligt, eine Liste mit Klebepunkten angefangen für positives Verhalten. Am Ende jeder Stunde hab ich selbst zwei Punkte vergeben und die Kinder eingeladen auch noch jemanden für einen Lobpunkt vorzuschlagen.

Manchmal war das rührend: „Ich schlage Michelle vor, sie hat sich heute zum ersten Mal getraut, ihre Hausaufgabe vorzulesen.“ „Ich finde, Tim sollte einen Punkt bekommen, weil er heute viel weniger dazwischengerufen hat als sonst.“ Alle wollten auch hinter ihrem Namen eine Reihe Klebepunkte sehen.

„Was bekommen wir eigentlich, wenn wir fünf Punkte gesammelt haben?“, hat Lisa gefragt. „Dann schreibe ich euch einen „blauen Brief“ nach Hause und erzähle euren Eltern, wie toll ihr euch verbessert habt“, habe ich versprochen. Zuerst waren die Kinder überrascht, aber dann haben sie sich darauf eingelassen.

„Und wie war’s zu Hause?“, habe ich Lukas gefragt. Er war der erste, der einen Brief nach Hause bekommen hat. „Es war super“, sagt er. Meine Eltern haben ihn vorgelesen, „Wie gut sich Ihr Sohn verbessert hat“ und so und weil ich gerade Fernsehverbot hatte, haben sie es dafür aufgehoben.

Ich wünsche mir, dass die grüne Karte auch im deutschen Fußball ankommt. Dann erinnert sie nämlich viele daran, dass Lob die beste Motivation zum Guten ist.

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