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Interreligiöses Tischgebet

Interreligiöses Tischgebet

Christoph Wildfang
Ein Beitrag von Christoph Wildfang, Evangelischer Pfarrer, Arnoldshain

3 Freunde beten vorm dem Essen – jeder anders und doch gemeinsam In den Sommerferien waren zwei Freunde bei mir zu Besuch. Der eine ist Hindu, der andere Muslim. Vorm Essen haben wir immer gebetet. Nacheinander und doch der Sache nach gemeinsam.

Der Hindu aus Indien hat ordentlich Wasser in die rechte Hand genommen und damit drei Kreise um seinen gefüllten Teller geschlagen. Dabei ist das Wasser dann über den Tisch geflossen. Dann hat er die Hand an seinen Hinterkopf geführt und zwei Mal in die Hände geklatscht. „Anjal dena“ nennt er das in der Sprache Hindi. Zu diesem Ritual muss der Teller voll sein. Vor einem leeren Teller betet er nicht. Und: Brot muss immer mit dabei sein.

Der muslimische Freund hat am Tisch immer ein kurzes Gebet in arabischer Sprache gesprochen. Melodisch fließen die Worte beim Rezitieren. Sein Gebet endet mit „Bismillah“, das heißt „mit Gott“.

Danach habe ich die Hände gefaltet und ein einfaches Tischgebet gesprochen: „Komm Herr, segne diese Speise, uns zur Kraft und dir zum Preise“. Erst dann haben wir gemeinsam gegessen. Jeder hat dem Anderen zugehört. Ein dichter Moment. Fürs Essen dankbar zu sein, das ist gut. Ich habe das Gemüse nicht angebaut, nicht das Getreide fürs Brot, nicht die Kaffeebohnen geerntet. Ich halte inne. Wenigstens diesen Moment.

Obwohl wir in drei Sprachen gebetet haben – und dann noch jeder für sich einzeln nacheinander, mussten wir diesen Moment nicht zerreden. Wir haben aufeinander gewartet. Zugehört, ohne jedes Wort verstehen zu können. Und gespürt: etwas zu essen zu haben, ist nicht selbstverständlich. Dieser heilige dankbare Moment in drei Religionen hat mich berührt. Dankbarkeit steckt in allen Religionen. Ich danke Gott, für das was ich habe. Auch fürs Essen. Dankbar starte ich in den Tag. Das ist ein gutes Gefühl.

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