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Gastfreundlich zu sein, tut auch einem selber gut

Gastfreundlich zu sein, tut auch einem selber gut

Ein Beitrag von Helwig Wegner-Nord, Evangelischer Pfarrer, Frankfurt

Ein Tischgebet aus meiner Kindheit heißt: "Komm Herr Jesus, sei du unser Gast und segne, was du uns bescheret hast." Wir haben damals nicht einen Extra-Platz freigehalten für den Herrn, den wir damit gerade eingeladen hatten. Aber ich glaube: die Worte allein haben uns schon ein wenig verändert, geöffnet – für einen Gast, für den Segen; und sie haben uns für das Essen dankbar sein lassen.

Inzwischen spreche ich diese Worte bei uns zu Hause ab und zu wieder als Tischgebet: Komm Herr Jesus, sei du unser Gast und segne, was du uns bescheret hast. Ich denke, dass uns das gut tut, dass es unsere Herzen öffnet, wenn wir eine gastfreundliche Haltung haben. Beim Essen und auch sonst.

Sich für Gäste zu öffnen heißt, sein Herz berühren zu lassen. Ich will den anderen, die mich besuchen, aufmerksam und freundlich begegnen. Ich will ihnen, weil sie ja fremd in meinem Zuhause sind, entgegenkommen. Ich will, dass sie sich wohlfühlen.

In der Ordensregel der Benediktiner heißt es, dass man sich vor Gästen verneigen soll, oder sich sogar ganz auf den Boden werfen soll. Denn in ihnen verehre man damit – Jesus Christus! Also tritt herein, sei bei mir, bei uns zu Hause, fühl dich willkommen.

Aber Gäste sind nicht immer befreundete Partygäste. Gäste sind oft fremd, kommen überraschend, manchmal auch zu einem schlechten Zeitpunkt. Auch die Flüchtlinge, die in unser Land kommen, sind Gäste, wollen unsere Gäste sein.

Auf einem Plakat, das bei einer Pegida-Demonstration hochgehalten wurde, stand der zynische Satz: „Bitte flüchtet weiter!“ Aber es gibt auch das Gegenteil. Wir erleben viele Beispiele, wie diesen Fremden, die als Gäste nach Europa, nach Deutschland kommen, geholfen wird.

Gastfreundschaft ist eine Tugend, die zu den ganz alten Errungenschaften der menschlichen Kultur gehört. Sie gründet auf der Einsicht, dass ein anderer, genau wie man selbst in der Fremde, auf Hilfe angewiesen ist.

Ja, denke ich mir, so müsste es sein, so kannst du leben: mit einem deutlichen Willkommen als Erkennungszeichen. Mit geöffneten Türen und weitem Herzen. Einem gedeckten Tisch, an dem immer noch ein freier Platz ist. Mit einem offenen Ohr und einer tiefen und demütigen Verbeugung vor dem Fremden.

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