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Wer seine Heimat sucht, muss auch bei sich selbst zu Hause sein
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Wer seine Heimat sucht, muss auch bei sich selbst zu Hause sein

Ein Beitrag von Helwig Wegner-Nord, Evangelischer Pfarrer, Frankfurt

„Nicht da ist man daheim, wo man seinen Wohnsitz hat, sondern da, wo man verstanden wird.“

Der Dichter Christian Morgenstern hat das gesagt. Man ist daheim, „…wo man verstanden wird.“ Verständnis finde ich nicht ohne weiteres, weil Menschen die Sätze verstehen, die ich ihnen sage. Verständnis finde ich da, wo ich – wie heftig oder zaghaft auch immer – geliebt werde. Also brauche ich, um mich zu Hause und beheimatet zu fühlen, andere Menschen, die mir in Liebe begegnen. Die, weil sie mich lieben und verstehen, geduldig mit mir sind und alles zum Besten wenden. Das ist das eine, was zum Stichwort Heimat zu sagen ist und das ist ja auch schon oft gesagt worden.

Das andere, was mir wichtig ist, hat Peter Horton in einem Lied so ausgedrückt: „Solang du in dir selber nicht zu Hause bist, bist du nirgendwo zu Haus.“ Vielleicht ist es das, was unsere Situation kennzeichnet. Je mobiler und rastloser wir werden, desto schlechter halten wir es mit uns selbst aus. Wir sind zu oft in uns selbst nicht zu Hause.

Ich kenne das ziemlich genau von mir. Dieses irritierende Gefühl, wenn ich alleine bin. Es ist ganz still in der Wohnung, keiner will etwas von mir, das Telefon klingelt nicht. Nichts. Sollte ich nicht das Radio anschalten, das Fernsehen? Oder die Zeit nutzen, um jemanden zu besuchen, zumindest auf Facebook? Nein, sag ich mir. Nein, jetzt halte dich mal selber aus. Such deine Heimat nicht bei anderen, sondern erst mal bei dir selbst. In dir. Und wenn ich mir diesen Menschen, der ich selber bin, zumute, wenn ich in mich hinein horche, entdecke ich ein ziemliches Durcheinander. Gedanken schießen kreuz und quer durch den Kopf. Empfindungen von Verlassenheit und Selbstmitleid machen sich breit. Erst nach und nach kehrt dann Ruhe ein in mir. Der Atem wird tiefer. Und hinter allem, was zuvor widersprüchlich gewesen ist, spüre ich so etwas wie einen Plan, eine verborgene Ordnung, einen Rahmen. Ich spüre Gott.

Es ist wie ein Geschenk, das zu sehr verpackt und verschnürt gewesen ist. Erst wenn ich mit Geduld und Zeit und Ruhe die Knoten gelöst habe, erst wenn die Schichten grell bedruckten Papiers zur Seite gelegt sind, offenbart es sich in seinem ganzen Wert. Wenn ich Gott in mir spüre, die Quelle meines Lebens, kann ich mit ihm bei mir selbst zu Hause sein. Und dann auch an jedem anderen Ort, wo immer ich bin und wohin es mich noch verschlagen mag.

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