Ihr Suchbegriff
Ohne Schuldzuweisung

Ohne Schuldzuweisung

Dr. Peter Kristen
Ein Beitrag von Dr. Peter Kristen, Evangelischer Pfarrer und Studienleiter, Religionspädagogisches Institut Darmstadt

Muss es immer Strafen geben, damit sich Menschen ändern, die etwas falsch gemacht haben? Zumindest bei Mobbing in der Schule gibt es mittlerweile andere Wege. An der Schule, an der ich arbeite, habe ich erlebt: Sie funktionieren. Eine solche andere Strategie verfolgt der No Blame Approach. Wörtlich übersetzt heißt das: „Ansatz ohne Schuldzuweisung“. Es ist ein Weg Mobbing zu beenden.

Als wir ihn an unserer Schule eingeführt haben, haben wir uns klar gemacht: Alle haben das Recht sich wohlzufühlen, darum müssen die Mobbing-Gemeinheiten gestoppt werden. Das geht so: Jemand meldet sich, sagt, was Schlimmes passiert ist und holt sich Hilfe. Im Gespräch stellen wir vielleicht fest: In diesem Fall sind viele aus der Klasse beteiligt. Schon eine ganze Weile leiden immer dieselben.

Wir holen uns das Ok der Eltern und bilden dann in der Klasse eine Unterstützungsgruppe. Darin sind auch ein paar von denen, die mitgemobbt haben. Wir besprechen, was passiert ist und sagen klar, dass wir keine Form von Gemeinheit mehr dulden werden. Wir bitten die Unterstützungsgruppe um ihre Hilfe und vereinbaren ganz konkrete Schritte, die nötig sind, um das Mobbing zu stoppen:

Einer achtet vielleicht darauf, dass es in der Umkleidekabine zum Sport keine Gemeinheiten mehr gibt. Eine versucht, sich im Bus neben den Hauptbetroffenen zu setzen. Eine Lehrerin hilft, dass die Tischordnung in der Klasse stimmt.

Wir begleiten dann alle Beteiligten bis zu einer nachhaltigen Besserung und erleben: Es funktioniert wirklich, ganz ohne Strafe und ohne dass jemand die Faust in der Tasche hat oder auf Rache sinnt. Wenn Mobbing aufhört, profitieren alle Betroffen. Die Erfolgsquote in ganz Deutschland liegt bei 90 Prozent.

Mir gefällt der No Blame Approach, weil er die Menschen nicht in Täter und Opfer einteilt und weil er in jedem Menschen mehr sieht als nur seine Taten. In einem Gleichnis in Neuen Testament heißt es: „Gott im Himmel freut sich über einen mit Schuld beladenen Menschen, der umkehrt und sein Leben ändert. (Lk. 15,7)

Weitere ThemenDas könnte Sie auch interessieren