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Penicillin, Segen und Fluch
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Penicillin, Segen und Fluch

Dr. Peter Kristen
Ein Beitrag von Dr. Peter Kristen, Evangelischer Pfarrer und Studienleiter, Religionspädagogisches Institut Darmstadt

Als der schottische Bakteriologe Alexander Fleming heute vor 60 Jahren starb, wurde seine Entdeckung in aller Welt gewürdigt als ein Segen für die Menschheit. Tatsächlich hat das Penicillin seither verlässlich tödliche Bakterien bekämpft und so unzähligen Menschen das Leben gerettet. Aber Segen und Fluch liegen oft eng beieinander. Flemming hat schon 1945 in seiner Rede bei der Verleihung des Nobelpreises vorausgesagt: Die Bakterien können resistent werden gegen das Penicillin und das wird so seine Wirkung verlieren.

Heute sprechen Mediziner tatsächlich vom post-antibiotischen Zeitalter, weil es mittlerweile sehr viele multiresistente Keime gibt, gegen die das Penicillin nichts mehr nützt. Patienten können heute wieder an Infektionen sterben, die Ärzte schon einmal im Griff hatten. Ein Facharzt sagt: „Manchmal sind wir so machtlos wie die Ärzte vor 70 Jahren, damit steht die Medizin wieder da, wo Alexander Flemming stand.“

Wie kommt das? Das Penicillin wird einfach zu oft und zu sorglos verwendet. Schnupfnasen und Halswehgeplagte erwarten vom Arzt meist ganz schnell eine Linderung ihrer Beschwerden. Das Kratzen im Hals soll aufhören, der Kopf nicht mehr brummen, die Nase endlich wieder frei sein – am besten sofort. Dazu kommen die Antibiotika in der Tierhaltung. Die industriell gehaltenen Tiere sollen so weniger anfällig für Erkrankungen werden und schneller wachsen, das steigert den Gewinn. Nur 20 Prozent der Antibiotika werden dazu verwendet, kranke Menschen zu behandeln. 80 Prozent dagegen landen in Nutztieren und dann über die Nahrung auch in uns.

Wir Menschen selbst sind dabei, den Segen von Flemmings Erfindung in einen Fluch zu verwandeln. Wenn es mir im Hals kratzt, will ich mich daran erinnern. Dann versuche ich, die Erkältung mal geduldig auszukurieren. Auch beim Fleischkaufen schaue ich weiter kritisch hin und versuche, für gesunde Lebensmittel einen fairen Preis zu bezahlen. Denn auf den Segen des Penicillins können wir nicht verzichten.

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