Ihr Suchbegriff
"Wenn sie kein Brot haben, dann sollen sie Kuchen essen!"

"Wenn sie kein Brot haben, dann sollen sie Kuchen essen!"

Martin Vorländer
Ein Beitrag von Martin Vorländer, Evangelischer Pfarrer und Senderbeauftragter für den DLF, Frankfurt

„Wenn sie kein Brot haben, dann sollen sie Kuchen essen!“ Der Satz wird Marie Antoinette in den Mund gelegt, der damals vierundreißig Jahre jungen Königin von Frankreich. Sie feierte luxuriöse Feste in Versailles, während das Volk in Paris hungerte. Dieser Gegensatz führte zum Sturm auf die Bastille, zur Französischen Revolution.

„Wenn sie kein Brot haben, dann sollen sie Kuchen essen!“ Marie Antoinette hat das so nie gesagt. Trotzdem steht der Satz dafür, wie Welten auseinander fallen, die ganz dicht beieinander liegen. Marie Antoinette hatte keine Ahnung, wie die Gesellschaft außerhalb ihrer Schlösser aussieht. Und das Volk draußen hatte keine Ahnung, wie seine Königin lebt. Aber es konnte den Prunk des Königshofs sehen. Irgendwann klafften die Welten so weit auseinander, dass es krachte.

Lange her. Aber die Gefahr ist immer neu, dass Reich und Arm gefährlich weit auseinander driften. Reiche und Arme bei uns heute leben auch immer mehr in Parallelgesellschaften, die einen im Luxus-Ghetto, die anderen im sozialen Brennpunkt-Viertel.

Die britische Hilfsorganisation Oxfam hat vor kurzem ihren Bericht vorgelegt, wie Reichtum weltweit verteilt ist. Das Ergebnis ist dramatisch: Die 85 reichsten Menschen besitzen so viel wie die arme Hälfte der Welt. Nun könnte man sagen: Gönnt doch den Reichen ihr Geld, wenn sie es ehrlich erwirtschaftet haben.

Das Problem ist: Wer so viel Geld besitzt, hat oft großen Einfluss auf die Politik. Das hebelt die Demokratie aus. Oxfam warnt: „Wir werden bald in einer Welt leben, in der gleiche Möglichkeiten nur noch ein Traum sind.“

Klar, eine Gesellschaft, in der alle gleich wohlhabend sind, gibt es nicht. Aber die Schere zwischen Reich und Arm darf nicht so weit auseinander gehen, dass sie zuschnappt und alles in Stücke schneidet.

„Ihr fetten Kühe, die ihr auf dem Berg (Samarias) seid und (…) schindet die Armen und sprecht: Bringt her, lasst uns saufen!“ (Amos 4, 1) Harte Worte des Propheten Amos aus dem Alten Testament. Sie schrecken noch heute auf und bringen zum Nachdenken: In welchem Wohlstand lebe ich? Bekomme ich noch mit, wie es anderen geht? Möglichkeiten, sich darüber schlau zu machen, gibt es genug. Oft reicht ein Schritt vor die Haustür.

Weitere ThemenDas könnte Sie auch interessieren