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Vor 70 Jahren wurde Auschwitz befreit
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Vor 70 Jahren wurde Auschwitz befreit

Ein Beitrag von Helwig Wegner-Nord, Evangelischer Pfarrer, Frankfurt

Manch einer fragt sich vielleicht, warum heute an öffentlichen Gebäuden Trauerbeflaggung gesetzt ist. Staatstrauer? Was ist passiert?

Der 27. Januar ist der Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus. Roman Herzog, der frühere Bundespräsident hatte das vorgeschlagen. Denn am Nachmittag dieses kalten Wintertages im Jahr 1945, also heute genau vor 70 Jahren, sind die letzten Überlebenden des Konzentrations- und Vernichtungslagers Auschwitz von Soldaten der „Roten Armee“ befreit worden. Noch knapp 6.000 Menschen waren das, entkräftet, krank, erschöpft.

Einige Wochen vorher hatte es aus Berlin den Befehl gegeben, die Spuren der Verbrechen zu beseitigen und das Lager zu räumen. Rund 60.000 Gefangene waren auf berüchtigte Todesmärsche in Richtung Westen geschickt worden. Die Gaskammern sollten gesprengt und alle Akten vernichtet werden. Aber die Spuren der grauenhaften Taten ließen sich nicht verwischen.

Auschwitz ist unbegreiflich. Die Vernichtung von Menschen in industriellen Dimensionen. Der einfältige Glaube an den Menschen ist durch Auschwitz von Grund auf erschüttert.

Und nicht auch der Glaube an Gott? Gibt es irgendeine passable theologische Erklärung dafür, dass der Allmächtige neben vielen anderen ausgerechnet Sein auserwähltes Volk millionenfach ermorden ließ? Auch wenn ich weiß, dass im Holocaust Menschen gehandelt haben und nicht Gott – die Frage bleibt, was das für ein Gott ist, der das alles nicht verhindern wollte oder konnte.

Einer der jüdischen Theologen, der dem nachgegangen ist, Rabbi Menachem Mendel Schneerson, hat dazu geschrieben: „Unsere Empörung, unsere unablässige Infragestellung Gottes wegen der Ereignisse – dies ist selbst ein starkes Zeugnis für unseren Glauben und unser Vertrauen in seine Güte. Denn wenn wir nicht in unserem Innersten diesen Glauben besitzen würden, worüber sollten wir uns dann empören?“

Der New Yorker Rabbi gesteht ein, dass wir den Tod und die Qual dieser Millionen unschuldiger Menschen nicht theologisch erklären können. Aber er hält an dem nicht verstehbaren Gott fest, zieht ihn dem blinden Schicksal vor.

Der Tag heute ist dem Gedenken an die Millionen Opfer des Nationalsozialismus gewidmet. Dieses Gedenken soll, so hatte Bundespräsident Herzog damals gesagt, „jeder Gefahr der Wiederholung entgegenwirken.“

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