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Schöner Fehler

Schöner Fehler

Clemens Weißenberger
Ein Beitrag von Clemens Weißenberger, Katholischer Pastoralreferent, Frankfurt
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Unsere Kinder spielen am liebsten im Wohnzimmer. Da liegt ein großer flauschiger Perserteppich, den haben wir zum Einzug in unser Haus von meinen Eltern geschenkt bekommen. Schön kuschelig und bunt, mit Ornamenten und Blumen. Ein echtes Schmuckstück.

Er stammt aus dem Iran und wurde natürlich von muslimischen Teppichwebern gemacht. Über die gibt es eine nette Geschichte: Darüber, warum selbst die schönsten Orientteppiche einen Webfehler haben sollen. Das hat mit dem Glauben zu tun. Denn es heißt: Die Teppichknüpfer machen einen Fehler in ihre wundervollen und kostbaren Teppiche, weil absolute Güte und Qualität, makellose Schönheit und Vollkommenheit nach ihrem Glauben nur Allah, also Gott vorbehalten ist.

Ich finde den Gedanken wunderbar, egal ob die Geschichte stimmt oder nicht. Denn das sagt etwas über mich als Menschen aus und weist mich auf etwas Wichtiges hin: So viel ich mich auch bemühe und anstrenge, immer das beste Ergebnis zu erzielen, perfekt bin ich bestimmt nicht. Es liegt schon allein daran, dass meine Zeit als Mensch nun mal endlich ist. Ganz perfekt zu sein, das geht doch so gut wie gar nicht. Weder auf der Arbeit noch im Privaten. Klar, ich will ich ein guter Vater und Ehemann sein. Gerade wenn es um Menschen geht, die ich liebe und die mir nahestehen, will ich doch besonders gute Beziehungen haben. Aber manchmal gelingt es nicht. Das muss ich dann einfach akzeptieren.

Wie den Fehler im Teppich, den ich vielleicht gar nicht sehe. Aber er zeigt mir: Perfekt, das ist nur Gott. Geh mit deinen Fehlern doch einfach gelassener um, sie gehören zu dir. Versuche trotzdem, gut zu sein. So kann ich gelassener damit umgehen, festzustellen: Holla, du bist auch nicht perfekt, sondern eben menschlich!

Perfekt zu sein wie Gott, das ist schon einmal schiefgegangen, davon erzählt die Bibel bei der Geschichte vom Turmbau. Anschließend beschimpften und bekriegten sich die Menschen, weil sie etwas tun wollten, was ihnen nicht gelingen kann: So perfekt zu sein wie Gott.

Wenn ich merke, dass auch ich mal wieder nicht perfekt bin, wenn ich unzufrieden bin, weil etwas nicht so läuft, wie ich es gerne hätte: Dann denke ich an den schönen Teppich im Wohnzimmer. Teppiche und Menschen haben Webfehler. Und auch du bist nicht Gott! Manchmal geht im Leben eben einfach etwas schief. Oder läuft nicht so, wie du es haben willst. Und dann kann ich mich entspannen und Gott die Ehre geben – oder Allah. Schließlich: Nur er ist perfekt.

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