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Same procedure as last year?
Foto: B. Hirt

Same procedure as last year?

Alexander Matschak
Ein Beitrag von Alexander Matschak, Medienkoordinator des Bistums Mainz
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Natürlich sitzen wir heute Abend auf dem Sofa und schalten den Fernseher ein. Denn wir wollen ihn nicht verpassen: den berühmten 18-minütigen Sketch, gedreht noch in schwarz-weiß. Nur an Silvester wird er im Fernsehen ausgestrahlt. Die Rede ist von „Dinner for one“. Das gehört am Silvesterabend für uns dazu wie Fondue, Bleigießen und Knallbonbons. Schon als Kind habe ich diese ziemliche absurde Geschichte von der 90-jährigen Miss Sophie und ihrem Butler James mit meinen Eltern geguckt. Und heute lachen sich meine Kinder schlapp darüber, wenn James wieder und wieder über den Tigerkopf stolpert. Wenn er von Gang zu Gang betrunkener wird und stets dieselbe Frage stellt: „Same procedure as last year?“ Auf Deutsch: „Der gleiche Ablauf wie im vergangenen Jahr?“

Licht am Ende des Tunnels

Vielleicht wird mir heute Abend mein Lachen etwas im Halse stecken bleiben. Denn es ist in diesem Jahr ja tatsächlich fast wieder so wie im vergangenen. Wer hätte das ernsthaft gedacht? Wieder sind die Corona-Infektionszahlen hoch, die Intensivstationen überfüllt. Wieder muss ich meine Kontakte reduzieren, kann Familie und Freunde nicht in den Arm nehmen. Wieder muss ich meinem Sohn erklären, dass er seinen besten Freund nicht daheim besuchen kann. „Same procedure as last year“ also. Dabei war ich vor einem Jahr mit so viel Hoffnung ins neue Jahr gestartet. Impfstoffe waren gefunden, es gab Licht am Ende des Tunnels.

Ein Mensch wie du und ich

Und jetzt? Ich weiß auch nicht, wie das neue Jahr werden wird. Aber ich versuche, auch im neuen Jahr meine Zuversicht nicht zu verlieren. So wie im vergangenen Jahr auch – „Same procedure as last year“. Ganz besonders hilft mir ein Blick in unsere Weihnachtskrippe, die auf der Fensterbank steht. Da ich sehe ein kleines Kind in der Krippe liegen. Und dieses kleine Kind sagt mir: Der Gott, an den ich glaube, ist ein Mensch geworden. Ein Mensch wie du und ich. Er ist zu mir gekommen, er steht mir bei wie ein guter Freund, wie eine gute Freundin. Davon bin ich zutiefst überzeugt. Er nimmt mich in seine Arme, wenn ich traurig bin, er lacht mit mir, wenn ich fröhlich bin, er hört mir zu, wenn ich verzweifelt bin, er gibt mir Hoffnung, wenn ich nicht mehr weiter weiß.

Tränen der Freude

„Same procedure as every year“: Trotz der Ungewissheit, was im neuen Jahr alles kommen wird – ich versuche, mit einem Lächeln und mit Zuversicht ins neue Jahr zu gehen. Ich werde also mit meinen Kindern lachen, wenn Butler James über den Tigerkopf stolpert. Und ich denke auch an einen alten irischen Segensspruch. Er lautet: „Möge Gott dir im neuen Jahr mehr Zeit schenken zu danken als zu klagen. Möge deine Freude nach Tagen, aber dein Kummer nach Stunden gezählt werden. Mögen die Zeiten selten sein, an denen du deine Freunde entbehrst, und kurz die Augenblicke in der Gesellschaft von Dummköpfen. Mögen alle Tränen des kommenden Jahres Tränen der Freude sein.“

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