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In allen Dingen Gott suchen und finden

In allen Dingen Gott suchen und finden

Stefanie Sehr
Ein Beitrag von Stefanie Sehr, Katholische Pastoralreferentin, Darmstadt
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In manchen Interviews gibt es solche Fragen wie: „Mit welcher Person aus der Geschichte hätten Sie gerne Kontakt gehabt?“ Mir fällt da Ignatius von Loyola ein, heute ist sein Gedenktag. Sicherlich eine sehr streitbare Persönlichkeit, gelebt hat er im 15./16. Jahrhundert. Also in einer Zeit, in der es in Europa große Umbrüche gab, gerade auch durch die Kirchenspaltung. Ignatius hat sich gefragt, wie er in dieser politisch-religiös bewegten Zeit Gott und den Menschen besser dienen könnte. Er hat darauf mit einigen Gefährten die Ordensgemeinschaft „Gesellschaft Jesu“ gegründet, auch bekannt als Jesuiten. Ich habe mich etwas näher mit ihm beschäftigt, als ich nach dem Abitur ein freiwilliges soziales Jahr in Brüssel gemacht habe, organisiert von einer Organisation der Jesuiten. Wir haben dort in einer kleinen Kommunität gelebt und versucht, nach Leitlinien zu leben, die unser WG-Leben und das FSJ zu mehr gemacht haben: einem spirituellen Projekt im Einsatz für mehr Gerechtigkeit. Wir haben uns als Gemeinschaft verstanden und geschaut, was auch mit begrenztem Haushaltsgeld und ohne Auto und Computer alles möglich ist. 20 Jahre später würde heute vielleicht auch noch das Handy dazuzählen…

Tägliche kleine Exerzitien

Jedenfalls fühle ich mich bis heute dieser so genannten ignatianischen Spiritualität verbunden und teile meinen Glauben in der „Gemeinschaft Christlichen Lebens“, der GCL, die sich in der Nachfolge von Ignatius versteht. Zu ihr gehört auch, ab und zu in Exerzitien, einer geistlichen Auszeit, zu schweigen und das eigene Leben mit den Augen Gottes zu sehen. Ich kann das auch im kleinen Rahmen jeden Tag tun, nämlich in einem Tagesrückblick, dem Gebet der liebenden Aufmerksamkeit oder auch Examen genannt. Ignatius sagte seinen Gefährten so etwas wie: „Wenn ihr auch den ganzen Tag keine Zeit findet für Gebet und Stille, mindestens am Abend solltet ihr aber den Tagesrückblick machen.“ Er meinte: Mit dieser wichtigsten Viertelstunde des Tages wird ganz wesentlich die Beziehung zu Gott, Jesus und dem Heiligen Geist gestärkt. Weil mit diesem Rückblick eine andere Perspektive eingenommen wird und im Laufe der Zeit auch deutlich werden kann, was Gott eigentlich mit mir vorhat und welche Entscheidungen für mich die passenden sind. Ein Satz von Ignatius begleitet mich seitdem in immer neuen Schleifen: „Gott in allen Dingen zu suchen und zu finden.“

Gott in guten und schwierigen Situationen erkennen

Wie kann ich das nun in meinem Alltag entdecken? Genau dabei hilft der Tagesrückblick: Dabei versuche ich, meinen Tag noch einmal mit Gottes liebendem Blick zu sehen. Ich lasse langsam Revue passieren, was alles passiert ist, wem ich begegnet bin, was mich berührt hat – dann kann ich in einem weiteren Schritt schauen, was davon mich zu mehr Freiheit, zu mehr Liebe, zu mehr Trost geführt hat. Und was auch nicht, was einen schalen Nachgeschmack hinterlässt, wo ich missmutig geworden bin. Ignatius bezeichnet dies als die Regung der Geister und empfiehlt, die Geister zu unterscheiden. Eben nach dem, was zu mehr Leben führt und was davon wegführt. Wir sollen natürlich dem ersten Geist folgen, dem in Richtung mehr Leben. Dazu gehe ich in ein inneres Gespräch mit Gott, werfe auch einen Blick auf den nächsten Tag und was mich da erwarten könnte. Und dann, mit der Zeit, kann ich vielleicht entdecken, wo in meinem Alltag dieser gute Geist wirkt. Und damit dann Gott zu suchen und zu finden, nicht nur im Schönen und Fröhlichen, sondern auch in schwierigen Situationen. Weil auch dort Gott da ist.

Auf Spurensuchen nach den Schätzen der Spiritualität Ingnatius'

Das hat Ignatius auch in leidvollen Situationen in seinem Leben so erfahren. Wenn ich ihm heute begegnen würde, würde ich genau da noch einmal nachfragen: „‘Gott in allen Dingen suchen und finden‘ - wie bist du zu dieser Erfahrung gekommen?“ Heute ist sein Gedenktag - ein guter Anlass für mich, wieder auf Spurensuche zu gehen nach den Schätzen seiner Spiritualität.

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