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Hör mal, wer da spricht
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Hör mal, wer da spricht

Norbert Mecke
Ein Beitrag von Norbert Mecke, Dekan, Evangelischer Kirchenkreis Melsungen
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Im kleinen Garten nebenan wurde immer geredet. So habe ich es als Kind erlebt. Da wohnte ein rüstiger Rentner. Der hatte immer was zu „krokeln“. „Musst mal wieder an den Rasen ran. Ist ja nur noch Moos!“. „Hier, die Tomaten, Karl, die brauchen Wasser.“ „Holen wir die Gartenmöbel raus?! Was sacht das Wetter?“

Am Anfang habe ich immer gedacht, ich müsste antworten. Oder dass da noch jemand ist, mit dem er spricht, den ich aber nicht sehe.
Dann habe ich gelernt: Es gibt Selbstgespräche. Ich habe zwar als Kind nicht verstanden, warum man all das nicht einfach nur leise denken kann –
aber manchmal tut es gut, sich etwas laut zuzusprechen. „Komm, Du schaffst das!“ oder „Los jetzt, reiß Dich zusammen!“ Es ist gut, im Gespräch mit sich selbst zu bleiben. Laut oder leise. „Was hast Du da wieder verzapft!?“. Oder die innere Stimme ernst zu nehmen: „Hör mal, wer da spricht!“ Manchmal ist das Gewissen aufgewacht oder die Sehnsucht klopft an. Im kleinen Garten unserer Seele wird wohl auch ganz oft geredet. Manchmal ist es drumherum nur so laut, dass wir es überhören.

„Lobe den Herrn, meine Seele, und vergiss nicht, was er Dir Gutes getan hat!“ (Ps 103,2). Dieses Gebet ist auch ein Selbstgespräch. Jemand hat es als Vers in einem Psalm im Alten Testament aufgeschrieben.

„Musst mal wieder an der Dankbarkeit arbeiten! Die braucht auch immer Wasser und wird so schnell von anderem überwuchert. Vergiss nicht, was an Gutem wächst!“

Gar nicht schlecht, auf dem Weg durch den Tag so ein Selbstgespräch zu führen.

Für was kannst Du dankbar sein?! Für Dein Leben. Die Kraft, heute Dinge anzugehen. Mir fallen eine Menge Gesichter ein. Meine Frau. Die Kinder. Eine tolle Mitarbeiterin. Und wenn ich mich einen Moment umgucke: Die Lebensverhältnisse, die ich in diesem Teil der Erde genieße.
Lobe den Herrn, meine Seele, und vergiss nicht, was er Dir Gutes getan hat!

Bei den Selbstgesprächen des Nachbarn aus Kindheitstagen habe ich zuerst gedacht: Da ist jemand im Garten, mit dem er spricht, den ich nur nicht sehe.

Wenn meine Seele ins Danken kommt, ist da wirklich jemand, mit dem sie spricht und der zuhört. Unsichtbar. Der gärtnert mit in meinem Leben. Gott sei Dank!

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