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Die Kirchturmuhr
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Die Kirchturmuhr

Rolf Müller
Ein Beitrag von Rolf Müller, Pastoralreferent Pfarrei Mariä Himmelfahrt, Frankfurt
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Vor einem halben Jahr war unsere Uhr am Kirchturm mal kaputt. Eigentlich ist mir das gar nicht direkt aufgefallen. Zuerst hatte ich nur ein komisches Gefühl: „Irgendwas fehlt“, hab ich mir gedacht, bis ich drauf gekommen bin: Es ist der Glockenschlag zu jeder viertel Stunde, der nicht mehr da ist. Denn der Kirchturm in meinem Stadtteil hat noch eine richtig alte Kirchturmuhr, die die Uhrglocke immer schlagen lässt, auch nachts. Ganz schnell habe ich dann gemerkt: Nicht nur mir hat die Glocke gefehlt. Viele Leute haben bei uns im Pfarrbüro angerufen und nach der Uhr gefragt, selbst auf der Straße bin ich angesprochen worden: „Was ist dann mit eurer Kirchturmuhr los?“

Die Uhr hatte nur einen kleinen Schaden an einem Rädchen, der war schnell wieder repariert. Aber ich habe mich gefragt: Warum ist so vielen Leuten diese Uhr heute noch so wichtig? Früher war die Sache ja klar: Bis vor hundert Jahren hatte kaum jemand eine eigene Uhr ständig zur Verfügung. Da war das Schlagen der Uhrglocke ein wichtiges Zeichen für die Menschen, „was die Stunde gerade geschlagen hat“, im wahrsten Sinne des Wortes! Aber heute? Da hat doch jeder ständig eine Uhr im Blick! Fast jeder trägt eine am Handgelenk, in den meisten Räumen ist eine zu sehen, Smartphones und die Medien zeigen ständig an, wie viel Uhr es ist. Wer braucht da noch eine Kirchturmuhr?
Für mich ist das Schlagen der Kirchturmuhr mehr als nur eine Zeitansage. Sie hat für mich etwas mit Heimat und Vertrautheit zu tun. Ich erkenne den Ton unserer Uhrglocke sofort und kann ihn von anderen Glockentönen leicht unterscheiden. Und immer wenn ich ihn höre weiß ich: Ich bin zuhause. Dann bedeutet das Schlagen der Uhrglocke für mich Verlässlichkeit. Ich weiß: Die Uhr schlägt immer. Das heißt für mich so viel wie: „Das Leben geht weiter, egal was auch passiert“. Und dann bedeutet das Schlagen der Uhrglocke auch Hoffnung für mich. Denn da wo die Glocke schlägt, ist auch eine Kirche, ein Haus Gottes. Sie sagt mir: „Jede Zeit liegt in Gottes Hand.“ Gerade in schlechten Zeiten war das so manches Mal ein echter Trost für mich. Gut, dass es die Kirchturmuhr mit ihrer Glocke gibt!

 

 

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