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Am Anfang ist das Gewitter
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Am Anfang ist das Gewitter

Michael Becker
Ein Beitrag von Michael Becker, Evangelischer Pfarrer, Kassel

Am Anfang ist das Gewitter. Mitten im Sommer. Als stürze der Himmel ein. Der junge Mann auf freiem Feld hat Angst. Wer Angst hat, wird stumm, verkriecht sich. Oder betet. Martin Luther betet. Hilf mir, ruft er, dann will ich ein Mönch werden. Ihm wird geholfen. Der Himmel beruhigt sich. Luther macht sein Versprechen wahr. Wird Mönch in Erfurt. Sogar Professor für Bibelkunde. Er liest und forscht, viele Jahre. Und hat wieder Angst. Je mehr er in der Bibel liest, desto größer wird seine Angst. Was ist, wenn ich Gott nicht recht bin? Was wird, wenn sich mir die Hölle auftut? So fragt er. Jeden Tag wieder. Nach außen ist Luther ruhig. In ihm aber brodelt es. Wie kriege ich einen gnädigen Gott?, fragt er. Kommt nicht zur Ruhe. Ringt mit sich. Und findet seinen Gott nicht.

Aber Gott findet ihn. Eines Tages. Keiner weiß, wie das geschieht. Gott sieht man nicht. Man sieht nur, wie er wirkt. Befreiend wirkt er. Der Mönch und Professor Martin Luther steht vom Boden auf. Schüttelt seine Angst ab und weiß etwas. Ich muss Gott nicht suchen, weiß er. Er ist da. Einfach da. Ich muss mich nicht hin quälen zu ihm. Ich muss nicht um Gnade winseln. Alles ist schon da. Gnade ist da und Barmherzigkeit. Alles da. Mit Händen zu greifen. Wenn ich nur liebe.

Liebe ist der Schlüssel. Sie schließt alles auf, weiß der Professor Martin Luther. Und kann jetzt aufrecht bleiben. Wer liebt, ist begnadet. Wer trotzdem und immer zu lieben versucht, auch wenn’s nur schwer ist, bleibt in der Gnade. Das Leben wird dann nicht leichter, auch nicht immer verständlich, aber der eine Schlüssel bleibt, immer: ich will nicht vergelten, ich will nicht strafen, ich will nicht zornig bleiben über dies und das. Ich will niemanden verachten, wenn’s geht. Dann lieber schweigen. Hauptsache, ich liebe; ein wenig. Und bleibe Gott nahe.    

 

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