
Tag der verschwundenen Menschen
Ich stell mir das schrecklich vor: Wenn ein Mensch, der mir nahe steht, einfach verschwindet. Ich nicht weiß, wo er geblieben ist, ob er überhaupt noch lebt. Weltweit geht es hunderttausenden Menschen so. Heute wird der „Tag der verschwundenen Menschen“ begangen. Die Vereinten Nationen haben ihn ins Leben gerufen. Es sind Menschen, die gegen ihren Willen festgehalten werden. Ihre Familien und Freunde wissen nicht, wo und unter welchen Bedingungen sie leben. Ich kenne nur den Verlust durch den Tod, der ist ähnlich, aber natürlich auch ganz anders. Ich weine und trauere. Und langsam mit der Zeit füllt sich die entstandene Lücke. Dabei hab ich auch verschiedene Gefühle durchlebt, wie Traurig- und Verlassen sein, manchmal auch Wut und Zorn. Aber ich erinnere mich auch an ruhige und schöne Momente. Bei aller Trauerarbeit bleibt da trotzdem, so erlebe ich es, eine kleine Lücke … ein Erinnern, das gut tut.
Aber wenn ein Mensch verschwindet: Dann ist das für mich eine Lücke, die offen bleibt. Nicht zu wissen, wo sich ein geliebter Verwandter oder Freund befindet und ob er überhaupt noch lebt, das gehört für mich wirklich zu den schlimmsten Gefühlen, die sich ein Mensch nur vorstellen kann. Hunderttausende von Familien müssen mit dieser furchtbaren Ungewissheit leben. Sie werden ihre Hoffnung wahrscheinlich nie ganz aufgeben. Als Christin tut mir da der Gedanke gut, dass Gott alle Menschen beim Namen kennt. (vgl. Jesaja 43,1) Das ist vielleicht nur ein schwacher Trost, aber es heißt auch: Gott vergisst keinen Menschen. Und ich bin froh, dass es viele internationale Organisationen gibt, die sagen: Auch wir dürfen keinen einzigen Menschen vergessen, wie Amnesty, der UN-Menschenrechtsrat, das Rote Kreuz und viele mehr. Sie setzen sich ja dafür ein, dass Verschwundene zurückkehren können, oder dass man erfährt, was mit ihnen passiert ist. Ich bete dafür, dass sie Erfolg haben.