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Auch Mädchen haben einen Verstand
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Auch Mädchen haben einen Verstand

Martina Patenge
Ein Beitrag von Martina Patenge, Katholische Referentin für Glaubensvertiefung und Spiritualität, Kardinal-Volk-Haus Bingen

Zur Schule gehen dürfen – das ist für Mädchen heute Pflicht und selbstverständlich. Kein Mädchen in Westeuropa muss noch darum betteln, lesen und schreiben lernen zu dürfen und einen Beruf zu erlernen. Heute ist das selbstverständlich: Lernen ist DIE entscheidende Basis fürs ganze Leben. Das gilt für Jungen wie für Mädchen. Die Schulpflicht spielt dabei eine wichtige Rolle, vor allem im Blick auf Frauen und Mädchen. In Deutschland ist sie noch nicht mal 100 Jahre alt. Aber sie wirkt: Alle müssen zur Schule! Kein Vater oder Bruder darf heute noch darüber entscheiden, ob ein Mädchen lernen darf oder nicht. Aber es war ein langer Weg bis dorthin. Zum Glück gab es immer vernünftige und weitsichtige Menschen, die für die Bildung von Mädchen gekämpft haben. Die Engländerin Mary Ward war so eine Person, die sich dafür stark gemacht hat. Ihr Gedenktag wird heute gefeiert. Ich möchte sie ausdrücklich würdigen, weil unendlich viele Frauen ihr viel verdanken.

Mary Ward war eine kluge Frau und lebte vor 400 Jahren. Ihre Maxime war: Gott hat auch den Frauen einen Verstand gegeben! Gefördert wurde das aber viel zu selten. Höchstens in manchen Adelsfamilien, die sich für ihre Töchter Privatlehrer leisten konnten. Damit Bildung demokratischer wurde, brauchte es öffentliche Schulen für Mädchen, aber die mussten erst gegründet werden. Zu ihren Lebzeiten war Mary Ward damit nicht sehr erfolgreich. Dennoch, der Same war gelegt. Zum einen, weil Mary Ward kämpfte. Wie eine Löwin hat sie gekämpft für ihre Idee, dass auch Mädchen lernen sollen. Papst und Bischöfe haben sie bevormundet, die Ideen dieser kleinen Frau lächerlich gemacht, abgelehnt und teilweise auch verboten. Darunter hat sie sehr gelitten. „Die englischen Fräulein“, wie ihre Ordensfrauen genannt wurden, haben sich aber immer mehr durchgesetzt. In ihren Schulen werden bis heute Generationen von Mädchen gut ausgebildet und aufs Studium vorbereitet. Selbstbewusste Lehrerinnen erziehen selbstbewusste Schülerinnen, so wollte es Mary Ward. Für Mädchen in Westeuropa ist das alles selbstverständlich geworden.

Aber anderswo ist es eben noch lange nicht so. Da entscheiden immer noch Männer und Brüder darüber, was Mädchen tun und denken dürfen, und es gibt genug verblendete Religionswächter, die sie dazu anstacheln. Es ist aber auch ein Skandal, wenn Mütter dabei zusehen, wie ihre Töchter dumm gehalten werden. Das alles ist und bleibt himmelschreiendes Unrecht. Deshalb wird es noch viele Menschen wie Mary Ward brauchen, die für gleichberechtigte Bildung kämpfen, vor allem für die Bildung von Mädchen und Frauen.

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