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Wie unsere Seele leichter wird
Bild: SAIYED IRFAN A/Pixabay

Wie unsere Seele leichter wird

Michael Becker
Ein Beitrag von Michael Becker, Evangelischer Pfarrer, Kassel
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Mein Frisör kommt aus Syrien. Vor drei Jahren ist er geflohen, mit seinem Bruder. Sechs Wochen waren sie auf Lastwagen unterwegs, eine Woche im Schlamm eines Lagers. Bei uns wurde er freundlich aufgenommen; hat eine Wohnung, Arbeit, und bildet sich weiter. Angst hat er um seine Eltern in Syrien. Seit genau zehn Jahren ist dort jetzt Krieg. Gewalt, Bomben, Hunger. Seit zehn Jahren Karwoche mit Schmerzen und Angst.

Ja, das ist weit weg von uns. Wir haben eigene Sorgen, Coronasorgen. Es wird einfach nicht besser, im Gegenteil. Viel haben wir versucht; uns am Riemen gerissen, wie man so sagt. Aber diese Karwoche will einfach nicht aufhören. Seit einem Jahr haben wir große Sorgen um andere, um uns selbst. Was ist bloß los in der Welt? Warum das alles? So müssen wir fragen. Wir sind Menschen und haben Fragen. Auch an Gott. Warum, Gott, ist alles so, wie es ist? Das sind Fragen in Krankenhäusern und Altenheimen. Auch in den Ländern, in denen Karwochen nicht aufhören. Man mag kaum noch hinsehen, so schwer wird die Seele. Irgendwann hatten sogar die Jünger genug und liefen davon. Sie wollten ihren Jesus nicht mehr leiden sehen.

Es hilft aber nicht, wenn wir die Augen verschließen. Hinsehen hilft mehr, auch wenn es weh tut. Einem Menschen beistehen, das hilft. Nur einem. Einem Kind, einem Älteren, der Nachbarin. Wir können nicht die Welt retten, aber vielleicht einen Menschen. Was ihr an Gutem getan habt diesem einen, sagt Jesus, das habt ihr mir getan. Unsere Seele wird leichter, wenn sie hilft.

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