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Technik ersetzt kein Gottvertrauen
Bildquelle: Bilderandi/Pixabay

Technik ersetzt kein Gottvertrauen

Ute Zöllner
Ein Beitrag von Ute Zöllner, Evangelische Pfarrerin i.R., Pastoralpsychologin, Kassel
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„Ich hole dich ab zum 90. Geburtstag unserer Mutter“, schlägt Thomas seiner Schwester Angelika vor. Die Geschwister haben sich seit vielen Monaten nicht mehr gesehen. „Dann können wir auf der Fahrt mal wieder in Ruhe reden“, meint Thomas. „Und ich kann dir auch mein neues Auto zeigen“, fügt er stolz hinzu.

Das Wetter ist schön, als beide im Fahrzeug sitzen, die Autobahn ist frei, und die Vorfreude auf den Geburtstag wächst. „Endlich ein Anlass, dass sich die Familie mal wieder trifft“, meint Angelika. „Ja“, fügt Thomas hinzu, „und das alles dank unserer Mutter. Wie sie sich gehalten hat in ihrem Alter - nicht selbstverständlich!“

Auf einmal bremst das Auto, wie aus heiterem Himmel. Angelika schaut irritiert zu Thomas hinüber. Auch der macht einen überraschten Eindruck. „Was war das?“, fragt sie. „Warum bremst das Auto urplötzlich ab? Als ob noch jemand im Auto sitzt und das Lenkrad in der Hand hält!“ „Ganz ruhig, Schwesterherz. Das ist der Bremsassistent in diesem neuen Modell. Der soll dafür sorgen, dass ich genug Abstand zum Vordermann halte. Ich habe den Platz für die Reaktion wohl zu groß eingestellt, noch nicht ganz perfekt. Aber im Prinzip ist das doch toll: Das System passt auf, dass ich keinen Unsinn mache. Das erhöht die Sicherheit auf der Straße!“

„Ich weiß nicht“, meint Angelika, „ich möchte die Verantwortung nicht so gern abgeben. Am Ende kommt es doch immer auf meine eigene Reaktion an. Wenn dann wirklich ein Unfall geschieht, dann sehen die Gutachter das mit Sicherheit auch so. Auch diese Systeme sind, wie wir alle, nicht perfekt!“

 „Na klar, da hast du recht, räumt Thomas ein. „Aber in vielen Situationen ist es besser, Verantwortung zu teilen, statt sie ganz allein zu tragen. Wir können doch sowieso nicht alles überblicken und alles beherrschen!“

„Mhm“, brummt Angelika. Sie ist nicht ganz zufrieden mit dem, was der Bruder sagt. Sie hakt ein: „Aber ist es nicht etwas anderes, sich auf andere – oder auf Gott – zu verlassen, als auf technische Hilfsmittel? Wer es mit anderen zu tun hat, wird die eigene Verantwortung nicht los. Und Gottvertrauen ist erst recht ein Grund dafür, die Verantwortung für sich und andere auf sich zu nehmen.“

„Okay“, antwortet Thomas. „So ganz möchte ich die Verantwortung beim Autofahren auch nicht abgeben. Erst einmal stelle ich den Bremsassistenten genauer ein, damit ich die Gelegenheit habe, früher selbst zu reagieren. Angelika lehnt sich zurück und sagt: „Sehr bequem, dein neues Auto. Am Ende hängt es aber, wie du an unserer Mutter siehst, doch nicht nur von uns ab, ob wir heil ans Ziel kommen.“

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