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Schach und das Leben
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Schach und das Leben

Uwe Groß
Ein Beitrag von Uwe Groß, Katholischer Diakon, Pfarrei St. Peter und Paul, Wiesbaden
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„Dem edlen Schach vergleich ich das Sonett, vier Züge schon vorbei! Verwirrung trübt mich... Opfer und - Verlust!...Doch dieser Zug jetzt macht den Fehler wett. Noch einmal blitzt das feindliche Florett - doch ich parier's, - und nun auch schon: Schachmatt! Ich muss erst immer fallen, eh ich siege.“

Gewinnen und Verlieren – im Schach wie im Leben

Diese Zeilen stammen von Christian Morgenstern. Das Schachsonett vergleicht das Leben mit einem Schachspiel. Christian Morgenstern, der im wilhelminischen Kaiserreich des 19. und 20. Jahrhunderts lebte, war selbst ein begeisterter Schachspieler. Es gibt verschiedene Gedichte von ihm zum königlichen Spiel. Das für mich eindrücklichste ist das „Schachsonett“. Ich bin selbst ein leidenschaftlicher Schachspieler und seit einem Jahr auch in einem kleinen Verein in Wiesbaden. Leider sind meine Fähigkeiten in diesem Spiel nicht so groß wie die Leidenschaft, mit der mich dieses Spiel fesselt. Aber ich genieße die Abende in dem Garten eines Schachfreundes oder im Vereinsheim, wenn wir uns auf das 64feldrige Brett vor uns konzentrieren. Auch wenn ich manchmal für mich allein am Computer spiele, bin ich ganz in das Spiel vertieft, und nichts stört meine Gedanken. Es ist für mich eine wundervolle Art und Weise abzuschalten.

Krisen durchwandern und besiegen

Christian Morgenstern schreibt am Ende seines Sonetts: „Ich muss erst immer fallen, eh ich siege.“ Ja, das kenne ich auch: Fallen. Hinfallen - mit meiner Gesundheit. Vor etwa 16 Jahren ging es mir echt richtig schlecht. Aber ich habe Ärzte gefunden, die mir geholfen haben wieder nach vorn zu schauen. Das hat mir wahnsinnig geholfen, und es hat mich auch stärker gemacht. Meine eigenen Erfahrungen kann ich auch immer wieder nutzen, um in meinem Beruf als Seelsorger Menschen Mut zu machen, Krisen zu durchwandern und auch zu besiegen. Das geht wirklich.

„Ich muss erst immer fallen, eh ich siege.“ Mir geht es im Schach wie im Leben so: Ich muss manchmal erst verlieren, damit ich etwas lerne.

Schachmatt im Leben

Im Schach ist es das Grundlinienmatt, das mich gelehrt hat, den König besser zu schützen. Es ist ein Schachmatt, bei dem der König keine Ausweichmöglichkeit mehr hat. In diese Falle laufe ich heute nicht mehr so häufig. Im wirklichen Leben sind es „Mattstellungen“ in Freundschaften, bei denen man an einen toten Punkt gekommen ist. Freundschaften, die zu Ende gingen. Mattstellungen gibt es auch manchmal beruflich, wenn ich spüre: Obwohl ich viel Engagement in meinen Dienst als Gemeindeseelsorger stecke, kommen manche Christen nicht mehr. Dann haben wir - gerade in der Corona - Zeit Live- Streams und Videogottesdienste gemacht. Und die wurden von vielen angenommen.

Ich muss erst fallen, eh ich siege

Manchmal muss erst etwas schieflaufen, bevor ich Dinge dann so ändere, dass sie wieder für Menschen interessant werden. Ich glaube, das ist sowas wie ein Gesetz des Lebens: „Ich muss erst immer fallen, eh ich siege.“ Vielleicht nicht immer – aber manchmal bestimmt.

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