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Kaiser Heraklius und das Kreuz
Bild: pixabay

Kaiser Heraklius und das Kreuz

Dr. Paul Lang
Ein Beitrag von Dr. Paul Lang, Diakon und Lehrer für Latein, Musik und Religion in Amöneburg
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Im Vogelsberg, nicht weit von Schlitz, liegt das kleine Dorf Fraurombach. Etliche Fachwerkhäuser, Bauernhöfe, eine Tanzlinde und ein paar Neubauten prägen das Ortsbild. Ein besonderer Schatz aber verbirgt sich in der kleinen Dorfkirche.

Das Gotteshaus aus Naturstein erhebt sich an einem kleinen Abhang über den Ort. Über 800 Jahre ist es alt. Bei Renovierungsarbeiten um 1900 entdeckte man unter dem damaligen Verputz großflächige Wandmalereien. Es sind Fresken aus dem Mittelalter. Sie wurden weitgehend direkt auf den feuchten Putz gemalt und sind deshalb tief in ihn eingedrungen. So haben sie die Jahrhunderte weitgehend unbeschadet überstanden.

Zu erkennen ist eine Bildfolge. Durch Unterteilungen sind einzelne Bilder voneinander abgegrenzt; ein bisschen wie ein Comic. Tatsächlich sieht man verschiedene Szenen einer fortlaufenden Handlung. Die Kunsthistoriker haben herausgefunden: Es ist die Legende des Kaisers Heraklius.

Heraklius war oströmischer Kaiser, Herrscher von Konstantinopel im 7. Jahrhundert. Während seiner Regierungszeit wurde Jerusalem von persischen Truppen eingenommen. Die Eroberer plünderten die Stadt. Dabei raubten sie neben vielem anderen auch eine der wichtigsten christlichen Reliquien: das Heilige Kreuz.

Lange Kämpfe folgten. Schließlich gelang es Heraklius die Perser zu Verhandlungen zu zwingen und zur Herausgabe der zuvor geraubten Heiligtümer zu bewegen. Am 21. März 630 zog der Kaiser mit dem von ihm zurückgewonnen Kreuz im Triumph zurück nach Jerusalem. Im Mittelpunkt der Legende und ihrer Darstellung steht vor allem, was dann geschieht.

Der Kaiser nähert sich im prächtigen Ornat Jerusalem, das Kreuz hoch erhoben. Da schließt sich ohne das Zutun von Menschen auf wundersame Weise vor ihm das Stadttor. Die Legende fährt fort: Ein Engel erklärt dem Kaiser, dass er so die Stadt nicht betreten kann. Denn sie steht wie keine andere für die selbstlose Botschaft Jesu von der Liebe. Der Engel rät ihm, vom Pferd abzusteigen und seine prunkvollen Gewänder abzulegen. Der Kaiser tut es. Wie Jesus trägt er nun das Kreuz barfuß und schlicht. Und siehe da: Das Tor öffnet sich. So kann er nach Jerusalem hineingehen.

Diese Legende spricht mich an: Das Kreuz steht für Christus und seinen Einsatz für Menschen am Rande, seine Botschaft, dass die wirklich Großen die Kleinen sind, Arme und Kranke, die, die nichts vermögen. Es ist Sinnbild von liebender Sorge um sie. Das Tor zur heiligen Stadt, ein Weg in eine gute Zukunft öffnet sich dem, der den Mut hat, von seinem hohen Ross herabzugsteigen und neue Wege zu gehen.

Ein neues geistliches Lied sagt das so: "Gib mir den Mut, mich selbst zu kennen, / mach mich bereit zu neuem Tun. / Und reiß mich aus den alten Gleisen; / Ich glaube, Herr, dann wird es gut."

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