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Gott ist ein Anfänger
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Gott ist ein Anfänger

Marcus C. Leitschuh
Ein Beitrag von Marcus C. Leitschuh, Katholischer Religionslehrer und Autor, Kassel
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"Gott ist ein Anfänger." Diesen Satz habe ich in einem Gottesdienst gehört. Erst einmal habe ich geschluckt: Anfänger? Was ist das denn für eine Wortwahl! So kann man doch nicht von Gott sprechen. Als Anfänger bezeichnet man ja für gewöhnlich jemanden, der etwas nicht gut kann, weil er es noch nicht lange macht.

Doch dann kam die Auflösung. Der Pfarrer wollte Gott in seiner Predigt nicht auf die Ebene eines Fahrschülers stellen oder so stümperhaft darstellen, wie ich als Sechsjähriger bei der ersten Klavierstunde geklungen haben muss. Der Satz "Gott ist ein Anfänger" ist anders gemeint. Gott, das ist einer, der nicht passiv wartet. Gott beginnt. Fängt an. Deshalb steht am Anfang der Bibel die Geschichte der Erschaffung der Welt. Gott lässt aus Dunkelheit Licht werden. Aus Wasser wächst das Leben. Gott erschafft den Menschen. Damit will die Bibel sagen: Gott ist kein Solist. Er fängt die Geschichte gemeinsam mit den Menschen an. Er macht die Menschen zu Mit-Machern. Seine Botschaft: Macht etwas aus dieser Welt. Fangt an. Gemeinsam mit allen Tieren und Pflanzen als Mitgeschöpfe. Mir gefällt diese Einstellung.

Auch ich kenne das Gefühl, dass ich zu nichts in der Lage bin. Am liebsten würde ich die Decke über die Ohren ziehen. Gerade der November ist doch so ein trüber Monat. Und dann kommt mir dieser Satz wieder in den Sinn. "Sei ein Anfänger!" Beginn etwas. Leg los. Trau Dich. Fehler sind erlaubt. Abwarten gilt nicht.

Als junger Klavierschüler habe ich auch nicht erst sämtliche Klavierschulbücher gelesen, bevor ich den ersten Ton spielen durfte. Anfangen ist wichtig. Abwarten rettet nicht und gestaltet nicht, heilt nicht und hilft ebenso wenig. Deshalb wünsche ich Ihnen: Werden Sie auch Anfänger.

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