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Zu Hause sein - irgendwann ...
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Zu Hause sein - irgendwann ...

Dr. Paul Lang
Ein Beitrag von Dr. Paul Lang, Diakon und Lehrer für Latein, Musik und Religion in Amöneburg
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"Irgendwann bleib ich dann dort …" Im Radio höre ich zufällig diesen Song. "Wie viele Jahr‘ auch noch vergeh‘n, irgendwann bleib ich dann dort, darauf geb‘ ich dir mein Wort, lass alles liegen und steh’n, geh von daheim für immer fort."

Sehnsuchtsorte. Die dreiköpfige Band STS aus der Steiermark besingt einen in diesem Song: Weißer Sand, Sonne, Meer, unter Olivenbäumen spielen, eine Flasche Rotwein. Jetzt ist Ferienzeit. Sehnsuchtsorte haben Hochkonjunktur. Das haben sie eigentlich immer. Tief im Inneren meinen wir zu spüren, was uns anzieht. Und die Tourismusbranche weiß das auch: Die passenden Bilder von blauem Himmel, Strand und Ferne schmücken Broschüren und Anzeigen.

"Was zu Hause wichtig war, ist jetzt dumm", erklärt der Song und sinniert über das andere Lebensgefühl dort, am ersehnten Ort.

"Man ist nie zufrieden dort, wo man ist", erkennt hingegen Saint-Exupérys Kleiner Prinz. Im Gespräch mit dem Weichensteller versucht er herauszufinden, wohin die Menschen reisen, die in Schnellzügen an ihm vorbeidonnern, und dann auch noch in entgegengesetzte Richtungen. "Sie haben es sehr eilig", stellt der kleine Prinz fest. "Ob sie andere Reisende verfolgen?" "Sie verfolgen gar nichts", kommentiert der Weichensteller. Resigniert antwortet er auf die Frage nach dem Ziel ihrer Reise: "Der Mann von der Lokomotive weiß es selbst nicht." 

Saint-Exupérys Gedanken stimmen nachdenklich. Reisen nur um des Reisens willen? Kann es sein, dass es einfach nur "das Andere" ist, das uns wünschenswert erscheint?

Als der Song von STS im Radio lief, habe ich übrigens am Anfang gestutzt. Ich hatte den Text nicht richtig verstanden und gemeint, der Sänger hätte gesungen: "Irgendwann bin i dahoam" - "Irgendwann bin ich daheim!" Tatsächlich gibt es auch die offenbar entgegengesetzte Sehnsucht: Nach Hause zurück in die Heimat, zu Hause sein.

Wie wichtig sind mir Orte? Ich erinnere mich an ein Gespräch, das viele Jahre zurückliegt. Ich war zum Studium von zu Hause weggegangen und fühlte mich nicht recht wohl. Heimweh? Ich traf mich mit einem alten Mönch; seit meiner Kindheit kannte ich ihn. Nun lebte er wie ein Einsiedler auf einer Insel im Chiemgau. Ihm schilderte ich die Situation. "Weißt du", sagte er mit altersweiser Stimme, "ein Haus oder ein Ort geben dir nicht wirklich Heimat. Zu Hause bist du da, wo Menschen sind, die dich lieben."

Das habe ich mir gemerkt. Ein Ort ist nicht wichtig. Die Menschen sind es. Wenn es mir da nicht gefällt, wo ich bin, dann hat das viel mit mir selbst zu tun. Mich kann ich nicht zurücklassen. Das, was ich gerne anders hätte, muss ich selbst ändern. Ob es um Stress geht, freie Zeit oder gelingende Freundschaften: Ich habe es selbst in der Hand. 

Gut, wenn Sehnsucht mich packt: Sie kann die vitale Kraft sein, mein Leben besser zu gestalten. Heimat und Ferne können gleichermaßen helfen. Notwendig sind beide nicht. Notwendig sind einzig liebenswerte Menschen. Die gibt es überall.

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