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Warum reden wir Gott als Vater an
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Warum reden wir Gott als Vater an

Claudia Rudolff
Ein Beitrag von Claudia Rudolff, Rundfunkpfarrerin der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck, Kassel
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„Ihre Töchter sehen Ihnen gar nicht ähnlich“, ruft meine Kollegin, als die beiden mich im Büro besuchen. „Ja, das sagen viele, aber trotzdem bin ich ihre Mutter.“
Ich, als Mutter, habe es in dieser Beziehung gut, weil ich meine Kinder geboren habe, besteht kein Zweifel daran, dass sie meine Töchter sind.
Unsere Beziehung ist zuerst eine biologische. Anders ein Vater. Er kann nicht sicher sein, ob sein Kind auch wirklich seins ist – es sei denn, es sähe ihm unverwechselbar ähnlich. Dies zeigt sich aber oft erst nach einigen Jahren.
Misstrauische Väter lassen einen Vaterschaftstest machen. Das kommt zum Glück nicht oft vor. Nach unserem Gesetz wird ein Vater zum Vater, indem er ein Kind als sein Kind anerkennt. Die Beziehung zwischen Vater und Kind ist im Unterschied zur Mutterbeziehung zuerst eine „Anerkennungsbeziehung“. Das schlägt sich bis heute im Familienrecht nieder. Wenn ein Paar nicht verheiratet ist und ein Kind erwartet, muss der Mann das Kind als seines anerkennen, wenn er Vaterrechte haben möchte.
Das möchte ich mitdenken, wenn von Gott als Vater die Rede ist und auch viele Gebete so beginnen, wie das Vater-Unser.
Wir stammen nicht biologisch von Gott ab. Er ist unser Vater, weil Gott uns anerkennt. Er wendet sich uns zu, sorgt für uns, nimmt uns in seine Familie auf. Gleichgültig, was die biologische Abstammung uns mitgibt - Gott ist für uns da und nennt uns seine Kinder. Wie ein liebevoller Vater entzieht er uns seine Anerkennung nicht, wenn wir ihn in Frage stellen, unser Nest beschmutzen oder die Familie satt haben, weil wir es mit ihr nicht mehr aushalten. Gott als Vater – das beschreibt nicht in erster Linie seine erdachte Männlichkeit. Gott als Vater ist vielmehr ein Bild für den Gott, der sich Mose vorstellt als „Ich bin der ich bin. Ich erkenne dich an und bin für dich da.“
Vielleicht helfen diese Gedanken denjenigen von uns, die Schwierigkeiten haben, Gott als Vater anzureden, weil sie mit ihren Vätern ungute Erfahrungen gemacht haben. Sie sind frei, andere Namen zu wählen. Ich bin mir sicher: Gott hört uns, egal, ob wir ihn als Vater, Mutter oder Freund anreden.

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