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Silbermond: Die Mutigen
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Silbermond: Die Mutigen

Thomas Zels
Ein Beitrag von Thomas Zels, Pastor, Freie evangelische Gemeinden Marburg

Mit Popsongs auf Sinnsuche: Heldengeschichten

Vor ein paar Jahren, zu meinem 50., hat mir meine Familie zwei Studiotage geschenkt. Sie wollten mir einen langgehegten Wunsch erfüllen. Weil ich immer schon Lieder geschrieben habe, wollte ich wenigstens ein paar davon einmal halbwegs professionell einspielen. Aber kaum war das Projekt angestoßen, da bekam ich auch schon Angst. Lass das! schoss es mir durch den Kopf. Bist zu alt. Mach dich nicht lächerlich. Will sowieso keiner hören. Hast du nichts Wichtigeres zu tun? Und so weiter. Andererseits wollte ich mir diese Chance nicht mehr nehmen lassen! Mit drei Musikern landete ich also ein paar Monate später im Tonstudio. Das hat mir so viel Spaß gemacht, wie schon lange nichts mehr. Abmischen und Cover designen ebenfalls. Und irgendwann hielt ich tatsächlich meine CDs in den Händen! Ich hab mich gefühlt, wie ein Held.
Wie froh bin ich heute über die Menschen, die mir Mut gemacht haben. Manchmal braucht man Freunde die einem helfen, aufs Eis zu gehen, oder auf ein Hochseil, um was zu erreichen.

Das Eis ist dünn, du gehst aufs Eis
Keine Angst von der du weißt
Wenn ich noch das Netz such, suchst du schon das nächste Seil
Und ich schau ängstlich nach oben und hör wie du mir zuschreist
Wenn ich noch das Netz such, suchst du schon das nächste Seil
Und ich schau ängstlich nach oben und hör wie du mir zuschreist

Es kann sein dass ich dabei meinen Kopf riskier’
Und es kann passieren
Dass ich mit blutigen Händen vor deiner Tür steh
Und vielleicht brauch ich dich dann
Um gebrochene Knochen zu richten
Doch soweit ich weiß
Sind die mit den guten Geschichten
Immer die Mutigen

Soweit ich weiß, sind die mit den guten Geschichten immer die Mutigen. Die ihren Kopf riskieren, wie der Liedtext von Silbermond hier sagt, die sich oft sogar auf dem Weg blutig kämpfen, sich verletzen und Hilfe brauchen. Das sind in meinen Augen die wahren Helden. Mit dem Song „Die Mutigen“ beginnt das 5. Studio-Album der Bautzener Band Silbermond. Vor knapp drei Jahren kam es raus und heißt „Mit leichtem Gepäck“. Die vier deutschen Musiker des Typs „Gitarrenband mit Frontfrau“ hatten da schon 11 Jahre Erfolg hinter sich und füllten die größten Hallen. Immer mit solidem Poprock und Texten, die jeder nachvollziehen kann, weil sie Alltägliches ansprechen. Da könnte man eigentlich denken: Weiter so! Aber 2015 wollten sie nicht mehr so weitermachen wie immer. Sie zogen sich zurück, um herauszufinden, was ihnen wirklich wichtig ist. Und dabei wollten sie mutig sein und nicht weiter auf das setzen, was man von ihnen kannte. Ich hab keine Ahnung, welche heldenhaften Vorbilder sie dabei vor Augen hatten. Aber eins war der Band klar: Die Angst vorm Scheitern sollte nicht ihre Chancen zerpflücken. Sie wollten ohne Erfolgsdruck und Angstschweiß wieder federleicht Musik machen. Angefeuert vom Abenteuer und ihrer Leidenschaft.

Mal wieder los auf federleichten Füßen
High von Adrenalinschüben
Mit feurigem Wind
Statt feuchtem Rücken
Lass die Angst vorm Scheitern nicht meine Chancen zerpflücken

Manchmal überlege ich, was ich am Ende meines Lebens zu erzählen habe. Oder andere über mich. War ich mutig und hab was riskiert? Selbst wenn ich mir dabei ’ne blutige Nase geholt habe? Ich verpasse meine Chancen, wenn ich immer nur auf Sicherheit gehe und im warmen Wohnzimmer sitzen bleibe. Lieber was riskieren.
Ich weiß von einer älteren Frau, dass sie gegen Ende ihre Lebens aufschrieb: „Könnte ich mein Leben nochmals leben, dann würde ich riskieren, mehr Fehler zu machen. Ein bisschen verrückter sein. Ich würde versuchen, immer nur einen Augenblick nach dem anderen zu leben, anstatt jeden Tag schon viele Jahre im Voraus.“
Vielleicht fehlten dieser Frau ja Freunde, die ihr Mut machten. Vielleicht hatte sie Angst, allein dazustehen. Mut zeigen geht ja oft nicht ohne Blessuren ab.

Es kann sein dass ich dabei meinen Kopf riskier’
Und es kann passieren
Dass ich mit blutigen Händen vor deiner Tür steh
Und vielleicht brauch ich dich dann
Um gebrochene Knochen zu richten
Doch soweit ich weiß
Sind die mit den guten Geschichten
Immer die Mutigen

Wer mutig ist, riskiert oft was. Zum Beispiel, verletzt zu werden oder abzustürzen. Eine meiner Lieblingsgeschichten in der Bibel erzählt davon. Es geht um Petrus, einen der Freunde Jesu. Jesus hatte sie am Abend mit Petrus’ Boot über den See Genezareth geschickt. Er selbst war am Ufer zurückgeblieben. Mitten in der Nacht brach auf dem See ein Sturm los und die Jünger bekamen Angst. Erst recht, als sie plötzlich ein Wesen auf dem Wasser gehen sahen, das auf sie zukam. Aber dann erkannten sie Jesus. In dieser Situation fasse Petrus einen waghalsigen Entschluss. Er rief Jesus zu: Lass mich zu dir kommen! Über das Wasser! Und Jesus rief: Komm! Da stieg Petrus zum Schrecken seiner Kollegen über die Reling des Bootes. Erstarrt sahen sie, wie auch Petrus nun auf dem Wasser ging, den Blick fest auf Jesus gerichtet. Ein Schritt, zwei Schritte, und so weiter. Und das bei DEN Wellen!

Musik

Aber dann bekam Petrus doch Angst vor den gefährlichen Wasserwogen, Angst vor seiner eigenen Courage. Plötzlich fing er an, gegen die Gischt und den Wellengang zu kämpfen. Dabei verlor er vielleicht Jesus aus dem Blick, verlor jedenfalls seinen Mut und versank in den Fluten. Noch während er panisch versuchte, über der Oberfläche zu bleiben, schrie er zu Jesus um Hilfe.
In dem Augenblick ergriff ihn Jesus, zog ihn nach oben und die beiden stiegen zu den restlichen Jüngern in das Boot zurück. Adrenalin pur! Das alles ging so schnell, dass die anderen es kaum fassen konnten. Jesus richtete sich auf und befahl dem Sturm, sich zu legen. Und so geschah es.

Das Eis ist dünn, du gehst aufs Eis.

Dann wandte er sich an den klitschnassen Petrus und fragte ihn: Du Kleingläubiger, warum hast du gezweifelt?
Er hätte auch fragen können: Warum hast du den Blick nicht mutig auf mich gerichtet und bist weitergelaufen? Hattest du vergessen, dass ich für dich da bin?
Manchmal beginnen wir auch mutig etwas Neues. Zum Beispiel eine neue Liebe, nach einer gescheiterten Beziehung. Oder wir halten an jemandem fest, der uns enttäuscht hat. Aber nach kurzer Zeit sinkt uns das Herz in die Hose, wir kommen uns vor wie auf dünnem Eis.
Davon können auch andere ein Lied singen. Ein Krankenpfleger, der trotz der Hetze ein liebes Wort sagt. Die Polizistin oder ein Rettungssanitäter, die weitermachen, obwohl sie als Helfer angepöbelt oder sogar angegriffen wurden. Eine chronisch Kranke, die jetzt mit ihrer Kraft ganz anders haushalten muss. Oder jemand, der trotz seiner Mobbingerfahrung wieder startet. Leute, die sowas tun, sind Helden. Oft unerkannte Alltagshelden. Sie sind gemeint in dem Song von Silbermond. Ich bin froh, dass ich solche Leute kenne. Sie machen mir Mut.
Und noch was macht mir Mut. Neben solidarischen Freunden gibt’s da immer auch noch den Gott, der mich sieht und sich in Jesus gezeigt hat. Ihm zu vertrauen ist für manche zwar auch, wie auf dünnem Eis gehen. Schließlich sehen wir ihn nicht.

Musik

Aber es gibt unzählige Menschen, die erleben, dass er da ist. Ich auch. Die zu ihm beten und Beistand finden. Sogar wenn sie ihre Verletzungen selbst verschuldet haben. Und die deshalb immer wieder kommen. Das sind auch Alltagshelden, die merken, dass sie nicht allein sind. Jesus hat uns doch dies versprochen: Kommt her zu mir, alle, die ihr mühselig und beladen seid; ich will euch aufrichten.

Das Eis ist dünn, du gehst aufs Eis.

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