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Sankt Michael
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Sankt Michael

Patricia Nell
Ein Beitrag von Patricia Nell, Katholische Pastoralreferentin und Religionslehrerin, Frankfurt

Mich haben sie wirklich entsetzt: die Bilder aus Chemnitz vor ein paar Wochen. Da wurde gegen Migranten gehetzt und es wurde der Hitlergruß gezeigt. Der tragische Tod eines jungen Mannes wurde zum Anlass genommen, Menschen mit ausländischer Herkunft übel zu beschimpfen und zu jagen. Für mich scheint darin wirklich das Böse auf, das Menschen bisweilen beherrschen kann. Und in meiner Hilflosigkeit wünsch ich mir dann manchmal im ersten Moment eine einfache Lösung gegen dieses Böse: eine Art Drachentöter, so wie es der Erzengel Michael ist. Heute ist sein Gedenktag. Aber ganz so einfach ist das natürlich nicht. Die Idee, man könne das Böse mit Stumpf und Stiel ausmerzen, hatte schon manch einer. Nie hat sie wirklich geholfen. Und auch die Bibel sagt: Ihr müsst das Böse mit dem Guten überwinden. Gewalt und Böses, die gehen von Menschen aus. Und zwar deshalb, weil sie Angst haben. Weil sie sich bedroht fühlen, abgehängt und von denen vergessen, die gegen solche Ängste Maßnahmen ergreifen müssten. Fehlende Perspektiven machen Angst. Sie wecken unsere Urangst: die Angst davor, alleine gelassen zu werden, hilflos zu sein und am Ende vielleicht den Kampf um lebenswichtige Ressourcen zu verlieren. Diese tiefsitzende Angst treibt Menschen dazu an, andere zu bekämpfen und sich um jeden Preis zu behaupten. Immer wieder ist sie der Nährboden für das Böse. Solange es Menschen gibt, ist das so.

Und da nützen Waffen nichts. Menschen, die aus Angst Böses tun, die will ich nicht mit dem Schwert bekämpfen. Mit einer solchen Waffe ist aber der Erzengel Michael auf Bildern meistens dargestellt. Als himmlischer Heerführer und Satansbezwinger. Und so wird er in vielen Gebeten auch heute noch angerufen. Auch ich bin damit groß geworden, kann das aber heute als Erwachsene nicht mehr so richtig nachvollziehen. Solche Bilder helfen mir einfach nicht weiter. Ich stelle mir diesen Michael, den Kämpfer für das Gute, lieber als eine Art große Lichtgestalt vor. An eine, die anstatt des Schwertes die Attribute Gottes trägt: den gütigen Blick und die offenen Arme. Ich denke an einen, der sich den Menschen zuwendet, sich nicht zum Dreinschlagen provozieren lässt und dessen Weisheit und Geduld allen menschlichen Bosheiten standhält.

Ich bin nämlich überzeugt davon: Auch wenn es viel Überwindung kostet: das einzige, was wirklich hilft, ist, die innere Ruhe zu bewahren, wenn Menschen aggressiv und bedrohlich werden. Und auch, wenn es unmöglich scheint: Mit Menschen, die Angst um ihre Zukunft haben, würde ich versuchen, zu reden. Irgendwie und trotz allem. Auch wenn sie provozieren und unangenehm, vielleicht sogar hasserfüllt daher kommen. Ich will um jeden Preis dazu beitragen, dass Menschen, sich ernstgenommen fühlen, gesprächsbereit werden und aufeinander zugehen.

Mir hilft dabei das Bild des Erzengels mit den Attributen Gottes. Das Bild der Lichtgestalt mit den geöffneten Armen und dem gütigen Blick. Zu einem solchen Bild kann ich aufschauen und von ganzem Herzen sagen: Michael, du Schutzpatron der Menschen in unserem Land, hilf uns, das Böse durch das Gute zu überwinden.

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