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Reich, unbegabt und gütig
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Reich, unbegabt und gütig

Michael Becker
Ein Beitrag von Michael Becker, Evangelischer Pfarrer i. R., Kassel

Sie war reich, unbegabt und gütig. Ihr Name: Florence Foster Jenkins. Ihre Lebensgeschichte ist gerade im Kino, mit der Schauspielerin Meryl Streep als  d i e  Sängerin des vorigen Jahrhunderts. Florence hat vom lieben Gott eine große Leidenschaft bekommen: das Singen. Leider gab Gott ihr kein Talent dazu. Aber das Geld der Eltern. Also übte sie. Es wurde nicht besser. Nur schriller. Sie spendete viel und förderte junge Künstler, damit die ihr halfen. Ihr Mann war mit großer Wärme um sie bemüht, bezahlte sogar Zuhörer fürs Kommen. Alles vergebens. Sie sang zum Stein erweichen, wie man sagt und bis heute hören kann. In ihren bizarren Kleidern sah sie aus wie ein bunter Schwan. Und ist doch unvergessen.

Wer ist nicht alles vergessen aus dem vorigen Jahrhundert. Mrs. Jenkins nicht. Wegen ihrer Leidenschaft. Ihrer Hingabe. Die vergisst man nicht. Ein Mensch mit Macken, mit Ecken und Kanten ist ein Glück für die Welt. Es darf nicht alles glatt und kalt sein. Es sollen nicht alle nur auf Können und Fortschritt schielen. Und sich verbiegen für ihr Glück. Es muss auch schrullige Menschen geben, die unsere Welt liebenswert machen. Manchmal sind sie eine Last, das stimmt. Aber sie geben der Welt ein Gesicht.

Ein menschliches Gesicht. Wenn einer aussieht wie der andere und alle nur Karriere wollen, wird die Welt bleich und grau. Wenn aber eine Frau daherkommt, unbegabt und gütig, die singt, was sie nicht kann, geht vielen das Herz auf. Auch denen, die sich die Ohren zuhalten. Wir dürfen mal neben der Spur sein, wir dürfen auch ein wenig verrückt sein, müssen nicht dauernd funktionieren. Wir bleiben liebenswert. Hoffentlich immer. Für andere Menschen. Für Gott sowieso. Auch wenn der Florence vermutlich bittet, im Himmel nicht zu singen. Nicht neben den Engeln. Und schon gar nicht so laut.

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