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Engel im Park
Foto: Privat

Engel im Park

Charlotte von Winterfeld
Ein Beitrag von Charlotte von Winterfeld, Evangelische Pfarrerin, Frankfurt
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Sprecherin: Ingrid el Sigai

 

Im Brüning-Park in Frankfurt-Höchst steht eine Bronze-Skulptur. Es ist eine Bank, auf der ein Mann sitzt. Beim ersten Hinschauen könnte es wirklich ein realer Mensch sein. Der Mann sitzt da, locker und entspannt. Das eine Bein ist angezogen, der eine Arm liegt auf der oberen Kante der Rückenlehne. Nur von hinten kann man sehen: Der linke Arm ist ein Flügel. Der Flügel ist ausgebreitet über dem freien Sitzplatz auf der Bank.

Pause machen, umarmt von einem Flügel-Arm

Wenn ich mit dem Fahrrad dort vorbeifahre, möchte ich mich am liebsten gleich auf die Bank dazusetzen. Umarmt von dem Flügel-Arm eine Pause machen und auf den Main schauen. Eingekuschelt in den Flügel eines Engels, den Kopf auf seine Schulter legen und die eigenen Sorgen schrumpfen lassen.

"Transformation"

Normalerweise finde ich Engel kitschig. Aber dieser Engel gefällt mir. „Transformation“ heißt die Bronze-Skulptur von dem russischen Künstler Victor Gulchenko, der in Frankfurt lebt. Transformation, eine Umwandlung von einem Menschen in einen Engel oder umgekehrt. Denn nur der eine Arm ist ein Flügel, der andere ist ein normaler Menschenarm.

Engel: Bote oder Abgesandter Gottes

Vielleicht mag ich die Figur, weil nicht so klar ist: Ist es ein Engel oder ein Mensch? Engel sind für mich nicht unbedingt Männer oder Frauen oder Kinder mit Flügeln. In der Bibel bedeutet der Begriff für Engel übersetzt: Bote Gottes oder Abgesandter. Das heißt doch: Der Auftrag ist auf eine bestimmte Situation und Zeit begrenzt. Ein Mensch hat eine bestimmte Aufgabe, und nur für diese Zeit ist er oder sie ein Engel, ein Bote Gottes. Ich kann zum Engel werden, genau wie alle anderen auch, aber ich bin eben nicht immer ein Engel.

Die Hauptbotschaft der Engel in der Bibel: "Fürchtet Euch nich!"

An vielen Stellen in der Bibel ist das erste, was ein Engel sagt: „Fürchte dich nicht! Fürchtet euch nicht!“ Das ist die Hauptbotschaft der Engel. Ich finde, das tut so gut. Denn es gibt viel in dieser Welt, was für mich zum Fürchten bringt. Kriege, die immer verworrener werden; Umweltkatastrophen, von uns Menschen gemacht, Spaltungen im eigenen Land. Selbst in meinem persönlichen Leben macht mir vieles Angst: meine Lieblosigkeiten, meine Gereiztheit, meine Überforderung, schlechte Verhaltensmuster, in die ich immer wieder zurückfalle. Da brauche ich schon manchmal einen Engel, neben den ich mich für eine Weile setzen kann. 

Eine Freundin als Botin Gottes

Für mich ist meine beste Freundin so eine Botin Gottes. Wenn ich mit ihr telefoniere, dann verschwinden die Probleme nicht und die Angst natürlich auch nicht. Aber sie werden überschaubarer, weniger überdimensioniert. Ich kann dann besser damit umgehen. Bin zuversichtlicher als vorher.

In den Momenten, wo meine Freundin mir zuhört, hat sie einen Auftrag von Gott, da bin ich sicher. Ich habe dann das Gefühl: Sie legt ihren Flügel-Arm um mich, verwandelt sich kurz und spricht mir Mut zu: Fürchte dich nicht.

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Engel im Park
Foto:Privat

Engel im Park

Charlotte von Winterfeld
Ein Beitrag von Charlotte von Winterfeld, Evangelische Pfarrerin, Frankfurt

Im Brüning-Park in Frankfurt-Höchst steht eine Bronze-Skulptur. Es ist eine Bank, auf der ein Mann sitzt. Beim ersten Hinschauen könnte es wirklich ein realer Mensch sein. Der Mann sitzt da, locker und entspannt. Das eine Bein ist angezogen, der eine Arm liegt auf der oberen Kante der Rückenlehne. Nur von hinten kann man sehen: Der linke Arm ist ein Flügel. Der Flügel ist ausgebreitet über dem freien Sitzplatz auf der Bank.

Wenn ich mit dem Fahrrad dort vorbeifahre, möchte ich mich am liebsten gleich auf die Bank dazusetzen. Umarmt von dem Flügel-Arm eine Pause machen und auf den Main schauen. Eingekuschelt in den Flügel eines Engels, den Kopf auf seine Schulter legen und die eigenen Sorgen schrumpfen lassen.

Normalerweise finde ich Engel kitschig. Aber dieser Engel gefällt mir. „Transformation“ heißt die Bronze-Skulptur von dem russischen Künstler Victor Gulchenko, der in Frankfurt lebt. Transformation, eine Umwandlung von einem Menschen in einen Engel oder umgekehrt. Denn nur der eine Arm ist ein Flügel, der andere ist ein normaler Menschenarm.

Vielleicht mag ich die Figur, weil nicht so klar ist: Ist es ein Engel oder ein Mensch?

Engel sind für mich nicht unbedingt Männer oder Frauen oder Kinder mit Flügeln. In der Bibel bedeutet der Begriff für Engel übersetzt: Bote Gottes oder Abgesandter. Das heißt doch: Der Auftrag ist auf eine bestimmte Situation und Zeit begrenzt. Ein Mensch hat eine bestimmte Aufgabe, und nur für diese Zeit ist er oder sie ein Engel, ein Bote Gottes. Ich kann zum Engel werden, genau wie alle anderen auch, aber ich bin eben nicht immer ein Engel.

An vielen Stellen in der Bibel ist das erste, was ein Engel sagt: „Fürchte dich nicht! Fürchtet euch nicht!“ Das ist die Hauptbotschaft der Engel. Ich finde, das tut so gut. Denn es gibt viel in dieser Welt, was für mich zum Fürchten bringt. Kriege, die immer verworrener werden; Umweltkatastrophen, von uns Menschen gemacht, Spaltungen im eigenen Land. Selbst in meinem persönlichen Leben macht mir vieles Angst: meine Lieblosigkeiten, meine Gereiztheit, meine Überforderung, schlechte Verhaltensmuster, in die ich immer wieder zurückfalle. Da brauche ich schon manchmal einen Engel, neben den ich mich für eine Weile setzen kann. 

Für mich ist meine beste Freundin so eine Botin Gottes. Wenn ich mit ihr telefoniere, dann verschwinden die Probleme nicht und die Angst natürlich auch nicht. Aber sie werden überschaubarer, weniger überdimensioniert. Ich kann dann besser damit umgehen. Bin zuversichtlicher als vorher.

In den Momenten, wo meine Freundin mir zuhört, hat sie einen Auftrag von Gott, da bin ich sicher. Ich habe dann das Gefühl: Sie legt ihren Flügel-Arm um mich, verwandelt sich kurz und spricht mir Mut zu: Fürchte dich nicht.

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