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Das wichtigste Gebot

Das wichtigste Gebot

Pia Arnold-Rammé
Ein Beitrag von Pia Arnold-Rammé, Katholische Pastoralreferentin, Referentin für Sozialpastoral, Frankfurt
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„Was du nicht willst, das man dir tu, das füg auch keinem anderen zu.“ Dieses Sprichwort kenne ich schon seit Kindertagen. Und es ist nicht nur ein Sprichwort, sondern eigentlich der moralische Grundsatz schlechthin. In der Bibel steht schon „Alles, was ihr von anderen erwartet, das tut auch ihnen. Darin besteht das ganze Gesetz.“ (Mt 7,12) Eigentlich das gleiche, nur positiv formuliert. Und auch Immanuel Kant, der Philosoph, hat in seiner Ethik dasselbe formuliert, nur natürlich viel komplizierter ausgedrückt.

Moral und Ethik stehen also auf ganz einfachem Fundament?  Das ganze Gesetz auf einen Satz reduziert: Alles, was ihr von anderen erwartet, tut auch ihnen. Ja, eigentlich ist es ganz einfach – und doch letztlich so kompliziert. Kompliziert sind ja nicht die moralischen Forderungen, kompliziert ist die Umsetzung im Alltag. Das kann schon ganz einfach anfangen: ich möchte gerne von anderen freundlich und zuvorkommend behandelt werden. Also muss ich mich auch so benehmen. Aber manchmal ist mir nicht danach. Ich bin mit dem falschen Fuß zuerst aufgestanden, ich habe Probleme, zu Hause oder am Arbeitsplatz, mir geht es körperlich  schlecht... es gibt viele Gründe, warum mir heute überhaupt nicht nach Freundlichkeit und einem Lächeln zumute ist. Nur wenn ich mich dann halt entsprechend verhalte, merke ich meistens: die anderen sind auch nicht besonders freundlich zu mir. Manchmal rege ich mich dann auf, über die anderen. Doch wenn mir dann das Sprichwort oder der Satz aus der Bibel einfällt, wird mir klar: Ja, so ist das halt. Ich kann doch von anderen nichts erwarten, was ich selbst nicht bereit bin, einzubringen. Natürlich ist das nicht immer einfach. Aber nur so kann doch ein Zusammenleben von Menschen gelingen!

Und dieser Satz gilt natürlich auch bei viel komplexeren Zusammenhängen: ich vermiete dir nur eine Wohnung, in der ich auch selbst leben würde; ich verkaufe dir nur ein Auto, dass ich selbst auch guten Gewissens fahren würde; ich verbrauche nur soviel Energie, dass es für alle auf der Erde reicht. Da wird es dann natürlich auch noch viel komplizierter. Trotzdem finde ich es auch hier gut, mir immer mal wieder den Grundsatz vor Augen zu führen: „Was du nicht willst, dass man dir tut, das füge auch keinem anderen zu.“

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