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Vorfreude und Nachdenklichkeit
Bild: Gerhard G./Pixabay

Vorfreude und Nachdenklichkeit

Karl Waldeck
Ein Beitrag von Karl Waldeck, Evangelischer Pfarrer, Kassel
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Advent vorbereiten heißt die Zeit spüren

Heute ist Samstag, der letzte Tag einer Woche, die besonders ist: Denn sie verbindet zwei Sonntage, die von ihrem Charakter und von ihrer Stimmung kaum unterschiedlicher sein können: den Ewigkeits- oder Totensonntag und den ersten Advent. Morgen ist es soweit. Und so nutzen meine Frau und ich den heutigen Tag, die Kartons mit den Advents- und Weihnachtssachen aus ihrem fast 11 Monate währenden Schlaf im Depot aus der Dachkammer zu holen: Morgen, am 1. Advent, sind sie dann wieder zu sehen: der Adventskranz, Räuchermännchen, die Kurrende mit ihren Sängen, Schwibbogen und Pyramide aus dem Erzgebirge. Ein Engel, den eine Freundin meiner Eltern gebastelt hat, ein alter Adventskalender, der mich fast seit einem halben Jahrhundert begleitet, dazu kommt Jahr für Jahre noch ein neuer. Musik zur Adventszeit auf diversen CDs steht bereit. Die Weihnachts- oder genauer gesagt die Adventsplätzchen sind gebacken, Christstollen und Lebkuchen beim Bäcker unseres Vertrauens gekauft. Nur die Weihnachtskrippe mit ihrem Personal muss warten.

Morgen beginnt die Adventszeit; besinnlich soll sie sein – ein Vorsatz, alle Jahre wieder, was erfahrungsgemäß im Trubel dann doch nicht immer gelungen ist. Vielleicht dieses Jahr unter Corona-Vorzeichen, wo viele Weihnachtsfeiern gestrichen, Weihnachtsmärkte abgesagt worden sind und das Einkaufen eher verhalten sein wird?

Es hat Jahr für Jahr etwas Heimeliges, fast Idyllisches, die Wohnung adventlich zu schmücken. Und deshalb freue ich mich darauf. Doch mischt sich in diese Vorfreude immer auch ein bisschen Wehmut. Vieles, was wir nun im jährlichen Rhythmus auspacken und dann unsere Wohnung schmückt, ist mit Erinnerungen verbunden, die in der Kindheit beginnen. Unweigerlich stellen sich damit auch Gedanken an Menschen ein, die mein Leben begleitet und mehr oder weniger geprägt haben: die Eltern, andere Familienangehörige und Freunde. Sie leben nicht mehr, sind nur durch Erinnerung mit mir verbunden. Sie fehlen mir, auch wenn klar ist: Es ist unwahrscheinlich, dass sie das Jahr 2020 überhaupt hätten erleben können. Bei meinen Adventsvorbereitungen spüre ich also die Zeit und ertappe mich bei dem Gedanken: Wie viele Jahre wirst du selbst dieses Ritual der Adventsvorbereitung noch begehen? Ich spüre die Zeit vergehen, merke, dass die Lebenszeit jedes Menschen begrenzt ist – und blicke gleichzeitig Jahr für Jahr mit Vorfreude auf den Advent. In dieser besonderen Woche sind auch so der Toten-, der Ewigkeitssonntag und der Advent miteinander verbunden.

Morgen beginnt der Advent! Es ist in diesem besonderen Jahr 2020 ein anderer Advent. Manches wird uns fehlen. Doch machen wir etwas Gutes daraus, mit den Möglichkeiten, die uns zur Verfügung stehen. Und vielleicht finden wir auch Neues, wie wir die Adventszeit gestalten können. Ich wünsche Ihnen einen schönen Samstag, und morgen einen guten Start in den Advent.

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