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Und siehe, alles war sehr gut
Foto: Beate Hirt

Und siehe, alles war sehr gut

Ein Beitrag von Janine Knoop-Bauer, Evangelische Pfarrerin, Darmstadt

Aus dem Blickwinkel Gottes gesehen, ist die Welt gut. So steht es im ersten Buch der Bibel, wenn es um die Schöpfung geht. Gott betrachtet die gerade fertiggestellte Welt und kommt zu dem Urteil: Siehe, alles ist sehr gut. Für den Menschen scheint es jedoch schwer zu sein, Gottes Urteil an diesem Punkt zu trauen. Seit es das Internet gibt, fällt mir das besonders auf.

Überall geht es um Bewertungen. Der gekaufte Staubsauger oder das Buch, das ich zuletzt gekauft habe, die Urlaubsunterkunft oder das Essen im Lieblingsrestaurant: Alles steht auf dem Prüfstand und soll bewertet werden. Denn gute Bewertungen erhöhen den Marktwert eines Produktes. Ein unabhängiger Test ist schon gut, um ein Produkt einzuschätzen. Die sind aber selten. Es gibt mittlerweile Menschen, deren Beruf es ist, gefälschte Kundenbewertungen zu schreiben. Das Bewerten ist zu einem Wirtschaftszweig geworden.

Nicht nur Dinge werden bewertet, sondern auch das, was Menschen tun. Das Symbol dafür ist der nach oben gestreckte Daumen, den es bei Facebook gibt. Liken heißt das, wenn ich auf das Symbol mit dem Daumen hoch drücke. Gut finden – könnte man es übersetzen.

Alle wollen gut gefunden werden. Das kann ich verstehen. Das möchte ich auch. Doch es gibt auch schon die Kehrseite davon. Wenn jemand Dinge vor allem tut, um möglichst oft geliked zu werden. Das Sammeln von Likes wird zum Selbstzweck. Je mehr, desto besser. Und wenn die Likes ausbleiben, verstehen das manche als Kritik an der eigenen Person. Sie fühlen sich verunsichert. Im schlimmsten Fall herabgesetzt.

Das Thema Bewertungen im Internet beeinflusst viele so massiv, dass sich auch Christinnen und Christen damit auseinandersetzen. Zum Beispiel der Landesverband der Evangelischen Frauen in Hessen und Nassau. Sie haben eine Kampagne gestartet mit dem Thema: Gib mir kein Like. Auch eine Internetseite gibt es dazu, auf der sie über das Thema informieren. Dort kann man diskutieren über Sinn und Unsinn von Bewertungen.

Ich meine: Es ist heilsam sich daran zu erinnern: Gott hat sein Urteil schon längst abgegeben. Aus dem Blickwinkel Gottes gesehen ist die Welt gut. Und Gott gibt auch eine Anleitung, wie man diesen Blickwinkel einüben kann. Im Doppelgebot der Liebe heißt es: \"Du sollst Gott lieben von ganzem Herzen, von ganzer Seele, von allen Kräften und von ganzem Gemüte und deinen Nächsten wie dich selbst\" .

Die Liebe ist der christliche Maßstab der Bewertung. Sie prägt Gottes Blick auf diese Welt. Und auch wir Menschen sollen einen liebevollen Blick üben. Und was man mit Liebe betrachtet, das wird von alleine schön. Das find ich gut. Das kann ich liken!
 

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