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Und führe uns nicht in Versuchung
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Und führe uns nicht in Versuchung

Dr. Klaus Dorn
Ein Beitrag von Dr. Klaus Dorn, em. Dozent am Kath.-Theol. Seminar, Marburg
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Papst Franziskus hat daran Anstoß genommen. Er hat Anstoß genommen an dem Satz des Vaterunsers: Und führe uns nicht in Versuchung. Natürlich kann man hier interpretieren. Aber streng genommen steht das so im griechischen Text: Und führe uns nicht in Versuchung.
Führt Gott den Menschen wirklich in Versuchung? Dafür ist doch eigentlich ein anderer zuständig, der viele Namen hat: Teufel, Satan, Luzifer, Beelzebul, Schaitan und viele mehr. Diese Gestalt kommt vor allem in den drei so genannten Abrahamitischen Religionen vor, d.h. Im Judentum, im Christentum und im Islam. Sie hat auch verschiedene Eigenschaften und ihre Herkunft ist ungewiss. Dazu werden die unterschiedlichsten Geschichten erzählt, und keine davon steht in der Bibel. Da heißt es zum Beispiel, ein Teil der Engel unter ihrem Anführer Luzifer habe sich geweigert, Gott die entsprechende Ehre zukommen zu lassen. Darauf wurde er mit seinem Gefolge von Erzengel Michael aus dem Himmel geworfen. Nach einer anderen Geschichte habe Gott den Engeln befohlen, die von ihm geschaffenen Menschen zu verehren. Wieder gibt es einen Aufstand und ein Teil der Engel weigert sich, dies zu tun. Schließlich seien sie Geistwesen, die Menschen dagegen sterblich, also aus Fleisch und Blut. Und wieder eine andere Erzählung sagt, ein Teil der Engel habe menschliche Frauen geheiratet und mit ihnen Ungeheuer gezeugt - auch das natürlich ein Grund, sie hochkantig aus dem Himmel zu werfen. Die erste Version, der mangelnde Respekt vor Gott, gehört zu den Glaubensaussagen der Christen. Jedenfalls streift der Teufel seitdem als Geistwesen und Person über die Erde, um ihre Bewohner gegen Gott aufzustacheln und zu verführen. Wie das funktionieren kann, Geist und Person zugleich zu sein, scheint schwierig, hängt aber mit der Übersetzung von Person zusammen.
Der Teufel wird vor allem immer dann bemüht, wenn sich Menschen gegen Grundsätze des Menschseins vergehen, wie man es schlichtweg nicht für möglich hält. So geschehen in der Missbrauchsdebatte, aber auch in Kriegen und sonstigen brutalen Auseinandersetzungen. Derartige Untaten können nicht alleine aus dem Menschen kommen, so die Argumentation vieler Kirchenmänner. Denn dieser wurde Gott ebenbildlich geschaffen und ist von Natur aus gut. Wenn Gott ihn aber gut geschaffen und gewollt hat, stellt sich doch die Frage, wieso er dem Widersacher so viel Macht einräumt! Warum lässt Gott den Menschen immer wieder derart in Versuchung fallen? Ist Gott denn nicht stark genug, um dem Teufel überlegen zu sein? Ich habe den Eindruck, dass die Theologie bis heute in dieser Frage keine überzeugende Lösung bieten kann. Vom Teufel zu sprechen ist zunächst einmal der Versuch, die Herkunft des Bösen zu erklären. Gelungen ist das nicht. Aber vielleicht sollten wir uns ohnedies mehr Gedanken über das Gute, nämlich über Gott machen. Ich kann nicht glauben, dass er uns in Versuchung führt. Ich glaube, dass er uns zutraut, einander so zu lieben, wie er uns gemeint hat. Gegen alle Versuchung.

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