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Talente und Begabungen
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Talente und Begabungen

Anne-Katrin Helms
Ein Beitrag von Anne-Katrin Helms, Evangelische Pfarrerin, Erlösergemeinde Frankfurt-Oberrad

Mit einer Begabung ist es normalerweise so: Jemand muss meine Gaben wertschätzt, damit sie zum Vorschein kommen. Bei einem langjährigen Freund von mir ist es anders. Er hat seine Begabungen erst durch Widerstände entfaltet. Heute ist er Leiter eines Altenheims. Sein Weg bis zu seinem jetzigen Job ist voller Umwege. Er hatte immer viele Begabungen, aber er kam nie so richtig zum Zuge damit. 

Der Mann hat ein besonderes Gespür für Ästhetik. Er hat die Power, für Ziele zu brennen und andere damit anzustecken; auf Menschen zuzugehen und sie zu mö-gen, statt sie zu bewerten; Personal zu führen und zu motivieren. Er ist musikalisch ohne Ende: spielt Klavier und Flöte. Und backt leckeren Kuchen. Diese Talente lassen sich nicht mit Noten bewerten. Und Wettbewerbe kann man mit den meisten von ihnen auch nicht bestreiten. Vor ein paar Jahren bekam er die Gelegenheit, ein ehemaliges Klostergebäude zu kaufen und daraus ein privates Altenheim zu machen.

Es ist wunderschön dort. Aus allen Ecken strahlen Freundlichkeit und Herzenswärme. Auch in diesem Altenheim wird gestorben. Aber bis zum Tod sorgen die einen dafür, dass es den anderen gut geht und sie fröhlich sein können. Der Motor dafür ist der Leiter des Altenheims. Er schiebt an, bleibt dran, ist dabei, verausgabt seine Talente und freut sich, wenn es den alten Leuten gut geht.

Menschen haben vielerlei Begabungen. In der Bibel steht, dass sie Geschenke von Gott sind. Sie sind nicht nur für unsere eigene Freude da, sondern auch für andere. Dafür aber müssen wir sie zeigen und leben dürfen. Es ist traurig, wenn ich meine Talente nicht leben kann. Um meine Begabungen an mir selbst zu entdecken und zu ihnen zu stehen, brauche ich auch andere, die sich für mich interessieren und mich herausfordern.

Mein eigener Mut gehört aber auch dazu. Wenn ich dauernd an mir zweifle und denke: andere könne es sowieso besser und wer weiß, ob ich wirklich so begabt bin? – dann wird es schwierig. Wie schön aber, wenn meine Begabungen zum Einsatz kommen. Sie machen dann einen Unterschied für andere Menschen. Im besten Fall machen sie jemanden richtig glücklich.

In einem biblischen Brief, der dem Apostel Petrus zugeschrieben wird, steht es so: „Dient einander, ein jeder mit der Gabe, die er empfangen hat, als die guten Haus-halter der mancherlei Gnade Gottes“ (1. Petrus 4,10) Ich verstehe das so. Weil Gottes Gnade unerschöpflich ist, brauche ich nicht zu geizen mit meinen Talenten. Ich kann mich ohne Angst verausgaben. Ich weiß auch: meine Kräfte sind nicht endlos. Das macht auch nichts. Gott hat einem anderen Menschen ja andere Gaben geschenkt. Keinem gab er alles und niemandem gab er nichts.

Mein alter Freund ist an dem Widerstand gewachsen, der ihm begegnet ist. Nur wenige haben ihm zugetraut, dass er in jungen Jahren seine Vision verwirklichen kann. Und doch hat er aus einem 0-8-15-Heim ein erfolgreiches Unternehmen und einen wunderschönen Ort für alte Leute geschaffen.

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