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Meine Orchidee
Pixabay/Dzoko Stach

Meine Orchidee

Charlotte von Winterfeld
Ein Beitrag von Charlotte von Winterfeld, Evangelische Pfarrerin, Frankfurt
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Ich bin stolze Besitzerin einer Orchidee. Sie ist recht groß und voller Blüten. Die Blüten sind lila-weiß-marmoriert und sehen wunderschön aus. Seit Februar wohnt die Orchidee bei mir. Ich hatte auch schon vorher einige Orchideen. Aber alle, die ich bisher in meinen 48 Lebensjahren geschenkt bekommen habe, sind immer nach wenigen Wochen eingegangen.

"Ich habe wirklich keinen grünen Daumen"

Ich habe wirklich keinen grünen Daumen. Als Blume oder Pflanze lebt man bei mir gefährlich. Ich vergesse das Gießen immer mal. Und wenn ich dann daran denke, gieße ich aus lauter schlechtem Gewissen doppelt und dreifach. Das mögen die Pflanzen nicht.

Der Tipp einer Blumenverkäuferin

Jetzt teste ich zum ersten Mal ein Prinzip, das mir eine Blumenverkäuferin empfohlen hat. Ich wässere die Orchidee einmal pro Woche. Das heißt, ich stelle sie in einen großen Topf und fülle ihn mit zimmerwarmem Wasser. So ist das ganze Wurzelwerk vom Wasser bedeckt. Eine halbe Stunde lang lasse ich die Orchidee Wasser und Nährstoffe tanken. Dann nehme ich sie raus und stelle sie wieder in ihren Blumen-Übertopf. Ganz wichtig: Ich vermeide, dass die Orchidee ständig im Nassen steht.

Ein besonderes Geschenk

Und das klappt jetzt seit Februar. Meine Orchidee hält es bei mir aus, und darüber bin ich froh. Denn sie ist nicht nur schön. Sie ist ein ganz besonderes Geschenk von einer Nachbarin.

Gute Besserung wünschen per SMS

Vor Weihnachten waren wir beide an Corona erkrankt – genau wie unsere Ehemänner. Die türkischen Nachbarn hat es etwas früher erwischt als uns und ungleich schwerer getroffen. Mehrere Wochen ging es ihnen richtig schlecht. Das habe ich erfahren und immer mal eine Textnachricht geschickt, gute Besserung gewünscht, meine Hilfe angeboten, die aber gar nicht gebraucht wurde. Die Nachbarin hat sich gefreut, wenn ich mich nach ihrem Befinden erkundigte.

An Corona erkrankt

Drei Wochen später lagen mein Mann und ich dann flach. Zehn Tage Fieber, Schüttelfrost und Gliederschmerzen. Dazu zwei putzmuntere Kinder mit uns in Quarantäne. Jetzt war es die Nachbarin, die mir mitfühlende SMS-Nachrichten geschickt hat: Wie geht es Ihnen? Wie hoch ist das Fieber? Fühlen Sie sich auch noch so schlapp?

Als wir uns nach mehreren Wochen zum ersten Mal wieder auf der Straße begegnen, fallen wir uns in die Arme, erleichtert und fröhlich. Und natürlich trotzdem mit Maske.

Eine Orchidee als Symbol für spontane menschliche Nähe

An meinem Geburtstag stehen die Nachbarin und ihr Mann vor der Tür. Mit der Orchidee als Geschenk. Einfach so. Sie wissen ja nicht, wie schlecht ich im Pflanzen-Pflegen bin. Meine Orchidee – sie bedeutet mir viel. Sie ist für mich ein Symbol für spontane menschliche Nähe. Dafür, dass Gott mich begleitet hat in dieser Zeit. Und dafür, dass man auch in der Mitte des Lebens noch einen halbwegs grünen Daumen bekommen kann.

 

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