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Jesus kommt zu mir
Bildquelle: pixabay

Jesus kommt zu mir

Daniel Stehling
Ein Beitrag von Daniel Stehling, Katholischer Pastoralreferent und Religionslehrer, Fulda

Große weiße Papierbögen unter meinem Arm. Kisten mit verschiedensten bunten Stiften in meinen Händen. So eile ich zum Religionsunterricht in meine 5. Klasse. Thema der letzten Stunden: „Jesus begegnet den Menschen“. Dazu hatten wir die klassischen Bibelstellen besprochen, in denen Jesus liebevoll denen begegnet, die zu seiner Zeit am Rande der Gesellschaft standen. Beispielsweise dem Zöllner Zachäus, den alle nicht leiden konnten, weil er den Menschen zu viel Geld abnahm. Oder dem blinden Bettler Bartimäus, den alle verachteten, da sie dachten, er sei blind wegen seiner Sünden.

In dieser Stunde sollten die Schüler nun überlegen, wen Jesus heute, in unseren Tagen, besuchen und liebevoll und verzeihend begegnen würde. Ihre Überlegungen sollten sie in einem Bild festhalten. Als alle fertig sind, lade ich zum Zeigen und Erklären der Bilder ein. Sofort meldet sich Philipp. "Ich habe unseren Relikurs gemalt. Da sind sie Herr Stehling, ich und die anderen alle und wir sind in unserem Klassenraum", erklärt Philipp freudig sein Bild. Meine Verwunderung ist mir wohl deutlich anzumerken. Daher erklärt Philipp weiter: "Ist doch klar, warum ich uns gemalt habe, Herr Stehling. Jesus würde die Armen unserer Zeit besuchen. Und wir sind auch arm. Wir haben zwar äußerlich alles, aber wir sind oft arm an Liebe. Daher will Jesus heute zu uns kommen und uns liebevoll begegnen." Ich bin sprachlos und staune über das, was Philipp gerade gesagt hat. "Jesus will heute zu uns kommen und uns liebevoll begegnen". Was für ein toller Gedanke! Jesus möchte mir selbst liebevoll begegnen. Und dann schäme ich mich auch ein wenig. Ich als Religionslehrer hatte mit so vielen anderen Personen gerechnet, denen Jesus in unserer Zeit heute begegnen würde. Alte, Kranke, Leidende, ausgeschlossene Menschen. Dass Jesus aber auch mir selbst begegnen möchte, hatte ich vollständig ausgeblendet. Ich danke Philipp herzlich für sein schönes Bild und vor allem für die Lektion, die er mir erteilt hat. Sie gibt mir Mut und Zuversicht. Jesus möchte auch mir immer wieder liebevoll begegnen!

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