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Hoffnung gegen Herzenskälte
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Hoffnung gegen Herzenskälte

Dr. Joachim Schmidt
Ein Beitrag von Dr. Joachim Schmidt, Evangelischer Pfarrer, Darmstadt

„Gutmensch“ ist das Unwort des Jahres. Das hat vor wenigen Tagen eine Sprach- Jury gesagt. Gutmensch ist also offenbar etwas anderes als einfach nur ein guter Mensch. Gegen den würde ja niemand etwas haben. Oder vielleicht doch? Gut- mensch ist ein altes, kaltes und böses Kunstwort für Menschen, die anderen mit ihrer Güte anscheinend gehörig auf den Geist gehen. Gutmenschen, so kann man immer wieder hören und lesen, sind weltfremd und naiv, und mit ihren guten, aber kindischen Absichten nerven sie einfach.

Zum Beispiel begrüßen Gutmenschen Flüchtlinge mit Applaus am Bahnhof, engagie- ren sich seit Monaten unverdrossen in der Flüchtlingshilfe, glauben immer noch, dass wir es nach dem berühmten Merkel-Wort „schaffen“ werden, lassen sich von den all- gemeinen Ängsten nicht anstecken und weigern sich hartnäckig, Pfefferspray oder Schreckschusspistolen zu kaufen.

Und deshalb seien, so heißt es, Gutmenschen nicht ganz von dieser Welt, in der doch so vieles nur zum Fürchten sei. Nein, allein kühler Kopf und harter Realismus seien angesagt, heißt es, und notfalls auch Herzenskälte, wenn es angeblich der ei- genen Sicherheit dient. Und wer das nicht begreift, der muss schon so leicht vertrot- telt sein wie die Gutmenschen.

Ich lerne: Gutmenschen stören jene, die der Welt und dem Leben am liebsten mit Vorsicht und Abwehr begegnen. Die aufgehört haben, an das Gute im Menschen zu glauben. Die Barmherzigkeit bestenfalls mit Sicherheitsabstand gelten lassen. Und die vor allem ihre Ruhe bedroht sehen. Mit einem Wort: Gutmenschen stören die Ängstlichen. Denn die so gennannten Gutmenschen hoffen, dass die Dinge besser werden können, und sie tun etwas dafür. Mir macht sie das sehr sympathisch, denn sie lassen sich ihre Hoffnung nicht zerstören. Und deshalb hat die Jury recht, die da urteilte: Wer andere Gutmenschen nennt, beschimpft Menschen, die Gutes tun.

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