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Ein Trostschatz für Kummerzeiten
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Ein Trostschatz für Kummerzeiten

Andrea Seeger
Ein Beitrag von Andrea Seeger, Evangelische Theologin
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Anton weint, der kleine Sohn der Nachbarin. Er ist hingefallen, hat sich das Knie aufgestoßen, es tut weh. Ich stehe zufällig gerade neben ihm, während seine Mutter das Auto auslädt. „Komm mal her, ich puste.“ Automatisch fange ich an zu murmeln: „Heile, heile Gänschen, es ist bald wieder gut.“ Antons Tränen versiegen. „Das sagt Mama auch immer, dann wird es besser.“

„Heile, heile Gänschen, es ist bald wieder gut.“

Er lächelt schon wieder - ein bisschen. Ich auch. Denn ich erinnere mich: Mit diesen Worten hat mich schon meine Mutter getröstet, als ich klein war. Es gehört zu meinem angesammelten Trostschatz, vorrätig für Zeiten des Kummers – des eigenen und des der anderen.

Menschen brauchen Trost

Menschen brauchten zu allen Zeiten Trost. Gott sagt in der Bibel: Ich will euch trösten, wie einen seine Mutter tröstet. Wobei es selbstverständlich auch der Vater sein kann oder die Nachbarin wie beim kleinen Anton.

Im Trost liegt eine große Kraft

Im Trost liegt eine große Kraft. Er ist entwaffnend. Die Trösterin legt ihren Panzer ab, beweist Gefühl. Der zu Tröstende auch, indem er seinen Schmerz zeigt.

In Coronazeiten herrscht Trostnot

Im Moment herrscht wegen Corona große Trostnot. Menschen müssen alleine sterben, alleine trauern um ihre Angehörigen, sind alleine in ihrer Existenznot und in ihrer Sorge. Da reicht ein „Heile, heile Gänschen“ nicht. Da braucht es eine stärkere Dosis als bei einer kleinen Macke am Knie.

Wie tröstet man der Situation angemessen?

Doch was ist stärker? Wie tröstet man eigentlich der Situation angemessen? Wer trösten will, riskiert, das Falsche zu sagen. Mit Durchhalte-Parolen „Kopf hoch, das wird schon wieder!“ oder „In jeder Krise liegt auch eine Chance“ kann man schnell danebenliegen. Manchmal stören überhaupt Worte. Das hilft eher ein Teller der altbewährten Hühnersuppe oder eine kurze Nachricht: „Ich denke an dich“.

Die direkte Berührung in Form einer Umarmung oder einander die Hand zu halten müssen wir aufsparen bis nach der Pandemie.

Das Passende im Trostschatz suchen

Was aber auch jetzt funktioniert: Aufmerksam zuhören, Raum und Zeit geben. Auf Ratschläge verzichten, denn sie können leicht wirken wie Schläge. Und im Trostschatz das Passende suchen – selbst auf die Gefahr hin, dass es nicht auf Anhieb zündet. Trost hat Langzeitwirkung. 

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