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Die Hoffnung – mehr als ein nächtliches Irrlicht
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Die Hoffnung – mehr als ein nächtliches Irrlicht

Dr. Peter-Felix Ruelius
Ein Beitrag von Dr. Peter-Felix Ruelius, Leiter ZB Christliche Unternehmenskultur & Ethik bei der BBT-Gruppe, Koblenz
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Sie müssen weder ein Opernkenner noch ein übergroßer Opernfan sein, aber die Arie aus der Oper Turandot von Giacomo Puccini haben fast alle schon einmal gehört: „Nessun dorma…“: Das ist ein Ohrwurm, Musik zum Dahinschmelzen. So schön die Musik ist, die Geschichte der Oper ist – wie das bei Opern gerne ist – tragisch.
Die Prinzessin Turandot herrscht in ihrem Land mit Grausamkeit und ist entschlossen, nie zu heiraten. Wer dennoch um ihre Hand anhält, muss drei Rätsel lösen. Versagt er auch nur bei einem, wird er hingerichtet. Überlebt hat noch keiner seine Brautwerbung um die schöne Prinzessin.
Mir bleibt vor allem eines der drei Rätsel in Erinnerung. Das geht so: „Durch die tiefe Nacht schwebt ein schillerndes Irrlicht, steigt empor und breitet die Flügel aus über dem menschlichen Dunkel. Alle Welt ruft danach und alle Welt fleht zu ihm. Aber jeden Morgen verschwindet das Irrlicht und wird dann im Herzen neu geboren. Und so geht es immer weiter. In der Nacht wird es geboren und stirbt jeden Morgen.“ Was ist das?
Die Auflösung: Es geht um die Hoffnung. Die Hoffnung ist es, die jede Nacht neu geboren wird und an jedem Morgen stirbt.
Jede Nacht wird die Hoffnung geboren und stirbt mit jedem Morgen? So eine Beschreibung kann nur jemandem einfallen, der höchst frustriert ist. Die Prinzessin muss ganz schön unglücklich sein. Zum Stichwort Hoffnung fällt ihr nur ein, dass sie jeden Morgen wie ein Irrlicht stirbt.
Es gibt Menschen, die haben diese Einstellung: Das Tageslicht zeigt die Welt, wie sie eben ist, und lässt jede Hoffnung schon mit den Nachrichten am Morgen brutal sterben.
Ich könnte so nicht leben. An diesem Morgen und eigentlich an jedem stehe ich anders auf: Ich gebe dem Tag eine Chance. Ich nehme mir vor, jedem Tag etwas Gutes abzugewinnen und meistens gelingt das auch. Der baltische Schriftsteller Werner Bergengruen formuliert es so: Wie der junge Vogel darauf vertraut, dass die Luft ihn tragen wird, wenn er das erste Mal seine ungeübten Flügel entfaltet, so möchte ich in den Tag gehen. Mit der Hoffnung, dass dieser Tag ein guter werden kann. Darauf vertrauend, dass die Hoffnung dieses Tages besteht und recht hat.

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