Der Fußballgott
In wenigen Tagen ist es 65 Jahre her: Am 4. Juli 1954 stand Deutschland im Berner Wankdorf-Stadion im Endspiel um die Fußballweltmeisterschaft gegen Ungarn. Ich selbst war erst einige Monate alt, habe also nichts von der Spannung mitbekommen. Aber alle, die die Radioübertragung live gehört haben, erzählen bis heute mit leuchtenden Augen davon. Es war das „Wunder von Bern“. Gegen die favorisierten Ungarn gewann unsere Nationalmannschaft 3:2. Hinterher hieß es: „Wir sind wieder wer“ – als hätte dieser Sieg all das Elend und die Gräuel des 2. Weltkrieges wettgemacht.
Anfangs war die deutsche Abwehr nicht sattelfest. Schon nach acht Minuten stand es 2:0 für Ungarn. Aber in den folgenden zehn Minuten glichen die Deutschen zum 2:2 aus. Dennoch: Ungarn blieb dran.
Ein deutscher Spieler wuchs aber über sich hinaus, obwohl er das erste Tor mitverschuldet hatte: Es war Toni Turek. Mit seinen Glanzparaden als Torwart verhinderte er Schlimmeres. Und nachdem er wieder einen Ball abgewehrt hatte, konnte sich Herbert Zimmermann, der Hörfunkreporter, nicht mehr halten: „Turek, du bist ein Fußballgott!“ Dieser begeisterte Ausruf hat Toni Turek zu einer Legende gemacht. Herbert Zimmermann musste sich allerdings entschuldigen, dass er das Wort „Fußballgott“ verwendet hatte. Inzwischen gibt es eine ganze Reihe „Fußballgötter“ – einen davon auch in Frankfurt: Alex Meier.
Ich bin auch fußballbegeistert, dennoch: Wir sollten auf dem Boden bleiben! Die meisten „Fußballgötter“ sind sehr menschlich, manchmal sogar tragisch geendet. Auch wenn wir sie als Idole anhimmeln: Sie bleiben Menschen – Menschen mit Ecken und Kanten, mit Genialität und Versagen.
Gott zu sein, sollten wir Gott vorbehalten: „Ich bin der Herr, dein Gott“, lautet das Erste Gebot. Auf ihn können wir uns verlassen: komme, was da mag.
