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Danke für diesen guten Morgen

Danke für diesen guten Morgen

Anne-Katrin Helms
Ein Beitrag von Anne-Katrin Helms, Evangelische Pfarrerin, Erlösergemeinde Frankfurt-Oberrad

„Danke für diesen guten Morgen, danke für diesen neuen Tag, danke, dass ich all meine Sorgen auf dich werfen mag.“ Schon oft habe ich dieses Lied gesungen, aber erst vor kurzem ist mir darin das „werfen“ aufgefallen. Es klingt so kräftig und schwungvoll. Fast ein wenig heftig: Meine Sorgen auf Gott werfen – so wie ich jemandem einen Ball zuwerfe? Im hohen Bogen von mir weg und mit Schmackes? Oder wie Abfall, den ich in die Mülltonne werfe, damit ich ihn nicht mehr mit mir herumtragen muss?

Auf alle Fälle ist „werfen“ eine bewusste Bewegung und ein Kraftakt. Manchmal wiegen ja auch meine Sorgen morgens so schwer, dass es Kraft braucht, um aus dem Bett zu kommen und mich nicht runterdrücken zu lassen. Da reicht es nicht, meine Sorgen neben dem Bett abzustellen. Am Abend wären sie immer noch da und hätten den ganzen Tag auf mich gewartet.

„Danke, dass ich all meine Sorgen auf dich werfen mag“: Zu allererst steckt da drin der Entschluss, meine Nöte loszuwerden und mein Grübeln zu beenden. Ich will mich nicht in meinen Sorgen einrichten oder vielleicht sogar Gewinn aus ihnen schlagen. Ich mag nicht zu den Leuten gehören, die ihre Probleme lieber haben als sie zu lösen. Ich will sie weghaben. Aber von alleine gehen sie nicht. Ich muss etwas dafür tun: die Probleme aussprechen zum Beispiel, vielleicht sogar laut, oder aufschreiben, mich jemanden anvertrauen. Vielleicht ist das heftig, was ich meinem Gegenüber dann erzähle. Wahrscheinlicher ist: Der andere freut sich darüber, wenn ich ihm etwas zumute. Geteiltes Leid ist halbes Leid.

Gott ist da. Er bietet sich an zuzuhören. Er nimmt meine Worte an und fängt meine Sorgen auf. Aber mit mir spielen und mir die Sorgen wieder zurückwerfen – das tut er nicht. Er ist tatsächlich bereit, mir seinen Buckel hinzuhalten und all den schwierigen Kram auf sich abladen zu lassen. Martin Luther hat einmal gesagt: „Wer ein Christ sein will, der lerne doch solches glauben, dass er sein Herz mit seinen Sorgen Gott auf seinen Rücken werfe; denn er hat einen starken Hals und Schultern, dass er es wohl tragen kann…“.

Es ist nicht egoistisch, wenn ich mich auf Gottes Kosten entlaste. Bei Gott ist Rücksichtnahme nicht nötig. Er ist meinen Problemen gewachsen. Zum Werfen brauche ich meine Hände. Zum Beten auch. Wenn ich bete, dann ist das so, wie wenn ich meine Sorgen und die Sorgen anderer Menschen zusammenschnüre. Und wenn ich merke, dass die Last zu groß wird und die Sorgen unerträglich, dann traue ich mich, lasse von den Sorgen ab und werfe sie Gott hin.

Beten ist keine Zauberei. Es wird genährt von dem Vertrauen, dass ich nicht mehr tragen muss, als ich kann. Es bleiben schon noch Probleme übrig. Aber sie erdrücken mich nicht mehr. Damit kann der Morgen beginnen, und zwar gut! Danke!

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