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Augustinus
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Augustinus

Prof. Dr. Markus Tomberg
Ein Beitrag von Prof. Dr. Markus Tomberg, Professor für katholische Religionspädagogik, Fulda und Marburg
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Es gibt eine ganze Reihe von Geschichten über Augustinus, den bedeutenden Schriftsteller-Bischof aus dem 4. und 5. Jahrhundert nach Christus. Christliche Kirchen weltweit erinnern sich heute an ihn. Und an Erzählungen wie diese:

Augustinus ging am Strand entlang. Seit längerem arbeitete er an einem Buch über das Wesen Gottes. Nun brauchte er eine Pause. Da traf er auf einen Jungen. Der hatte eine Grube in den Sand gegraben. Mit einem Löffel – andere erzählen, es sei eine Muschel gewesen – schöpfte er Meerwasser in die Grube. Was machst du da, habe Augustinus gefragt. Ich will das Meer trockenlegen, antwortete der Junge. Völlig unmöglich, entgegnete Augustinus.

Doch da behält er nicht das letzte Wort. Eher, so der Junge, eher schöpfe ich das Meer aus, als dass du verstehst, wer Gott ist.

Anders als viele andere Geschichten, die Augustinus selbst überliefert hat, stammt diese Erzählung aus dem Mittelalter. Aber sie bringt eine Erfahrung zum Ausdruck, die Augustinus geprägt hat: Gott ist größer als Menschen. Er bleibt unbegreiflich.

Augustinus will ihn begreifen lernen, er will die Welt und sich selbst mit Gottes Hilfe verstehen. Viele Bücher hat er geschrieben, die bis heute einflussreich sind. Bahnbrechende Überlegungen sind darunter.

Aber auch Gedanken, die verhängnisvoll waren. Einer davon: die Idee der Erbsünde. Augustinus war überzeugt: Alle Menschen sind von Geburt schuldig und von Gott getrennt. Von dieser Ursünde befreie allein die Taufe.

Was für eine folgenreiche Idee: Ohne die Taufe kein ewiges Heil! Und das Heil für alle – eine nie zu bewältigende Herausforderung! Bis in christliche Familien ein tiefer Riss: Eltern werden durch sie auf ewig von ihren ungetauft verstorbenen oder tot geborenen Kindern getrennt. Nichts und niemand kann sie erlösen.

Es hat 15 Jahrhunderte gedauert, bis sich die katholische Kirche von dieser Lehre vorsichtig distanziert hat. Der Junge aus der mittelalterlichen Augustinus-Legende, der war da schon weiter: "Eher schöpfe ich das Meer aus, als dass du verstehst, wie gut Gott wirklich ist!"

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