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Ist das Gott?
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Ist das Gott?

Dr. Klaus Dorn
Ein Beitrag von Dr. Klaus Dorn, em. Dozent am Kath.-Theol. Seminar, Marburg
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Die Kirschen im Garten des Nachbarn sind immer größer, schöner, reifer und süßer als die eigenen. Und so ist es mit vielem: dem Haus, dem Garten, der Einrichtung, dem Auto. Du sollst das Eigentum deines Nächsten nicht begehren, sagt eines der zehn Gebote in der Bibel, und das sicher nicht ohne Grund. Aber auch die Landschaft ist woanders schöner, das Essen besser, das Meer blauer, die Luft reiner, die Menschen freundlicher, die Berge höher und so fort. Warum sonst fahren wir im Urlaub in fremde Länder oder doch wenigstens in eine andere Gegend. Raus aus dem Zuhause, mal etwas anderes sehen als den immer gleichen Trott. Schon die Erwartungen, dass es woanders besser ist, treiben uns an, das Fremde zu suchen. Vielleicht auch nur, um nach ein, zwei Wochen festzustellen: Es reicht mir. Zu Hause ist es doch am Schönsten.

Was suchen wir eigentlich bei einem solchen Tapetenwechsel? Klar! Sonne, Strand, Meer, finden die Wenigsten gleich vor der Haustür. Aber vielleicht gibt es da ja noch etwas anderes. Für mich selbst habe ich festgestellt, dass mein Erholungswert umso höher ist, je fremder die Umgebung. Andere Menschen, andere Sprachen, andere Bauwerke, andere Kulturen und Zeugnisse aus einer anderen Zeit. Nach einem solchen Urlaub habe ich manchmal den Eindruck, ich sei Monate weg gewesen. Ich vermute mal, dass es die Neugier ist, die mich dazu bewegt, die Strapazen, die eine solche Reise mit sich bringen, auf mich zu nehmen. Aber ohne Neugier gäbe es auch keinen Fortschritt. Den Gedanken, ob man etwas nicht anders, nicht schöner, größer, praktischer und einfacher machen kann als das bisher Vertraute, erzeugt eben diese Neugier.

Aber woher wissen all die Tüftler, Bastler, Erfinder und Ingenieure dass es schöner, größer, praktischer oder einfacher gehen kann? Vielleicht haben Menschen einfach so etwas wie eine Ahnung oder Vermutung, dass da noch irgendetwas sein muss. Was es da geben könnte, hat freilich vorher noch niemand gesehen. Es ist bestenfalls vorstellbar. Ja, es ist vorstellbar, dass es irgendwo das absolut Schöne, das Beste etc. gibt oder geben könnte. Diese Ahnung treibt die Menschen, nach dem "mehr" zu suchen, dem "mehr" an Schönheit, an Größe, Erlebnis, Freude, an allem. Die Suchenden fragen nach dem absolut Idealen und wissen eigentlich doch, dass es nicht erreichbar ist. Es gibt Menschen, und nicht nur Theologen, die jene Ahnung von dem "mehr", einfach mit Gott bezeichnen. Ich wünsche Ihnen, dass es gelingt diese Ahnung wach zu halten, denn sie ist auch ein Stück Hoffnung.

 

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