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Haupt- und Nebensachen: Angela Merici und ihre Gründung
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Haupt- und Nebensachen: Angela Merici und ihre Gründung

Dr. Peter-Felix Ruelius
Ein Beitrag von Dr. Peter-Felix Ruelius, Leiter ZB Christliche Unternehmenskultur & Ethik bei der BBT-Gruppe, Koblenz
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„Der Nebensache wegen soll man die Hauptsache nicht vergessen.“ Ein junger Mann schreibt vor gut 200 Jahren an seine 13jährige Schwester einen Brief. Dass sie Arithmetik und Algebra lernt und sich darin übt: Das ist aus seiner Sicht eine schöne Nebensache. Aber die Hauptsache wäre: zu erfahren, wie sie im Stricken, Nähen, Sticken und Kochen vorankommt. Auch mehr als hundert Jahre später sind die Bildungschancen von Mädchen und Jungen immer noch nicht auf gleichem Niveau. Das Geschlecht entscheidet über den Bildungsweg.
In der katholischen Kirche steht im Heiligenkalender heute eine Frau des 16. Jahrhunderts. 1540 ist Angela Merici nach einem ereignisreichen Leben gestorben, am 27. Januar. Angela Merici ist die Gründerin der Ursulinen. An vielen Orten haben die Ursulinen Schulen gegründet. In Hessen zum Beispiel in Fritzlar, Geisenheim und Offenbach.
Angela Merici hat damals etwas unternommen, was bis dahin für Frauen eher ungewöhnlich war. Sie gründete eine Gemeinschaft von Frauen, in der auch nur Frauen das Sagen haben sollten. Und das Leben in der Abgeschiedenheit eines Klosters: Das war auch nichts für sie. Die Frauen um Angela Merici lebten in der Welt, bei den Menschen, für die sie tätig waren. Eine kluge Mahnung hat Angela Merici ihren Gefährtinnen mitgegeben: „Gebt vor allem Acht, dass eure Weisungen nicht unter Zwang erfüllt werden. Denn Gott hat einem jeden die Freiheit verliehen.“ Das klingt stark und selbstbewusst. Nach dem Tod von Angela Merici wurden die Ursulinen dann mehr und mehr von der kirchlichen Hierarchie übernommen. Und damit waren dann doch wieder Männer am Ruder.
Die Ursulinen, die ich während meiner Schulzeit erleben durfte, vermittelten viel von dem Geist der Angela Merici: Vor allem das Selbstbewusstsein hervorragend gebildeter und starker Frauen. Dass Frauen in der katholischen Kirche wenig zu sagen hätten: Auf diese Idee wäre ich damals als Schüler von Ursulinen niemals gekommen.
Die Kirche braucht ebenso wie die Gesellschaft starke Frauen. Vielen ist das heute klar. Ermutigend finde ich, dass auch schon vor 500 Jahren einige ganz gut wussten, was für sie die Hauptsache und was die Nebensache war.

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