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Flüchtling muss zurück
Bildquelle Pixabay

Flüchtling muss zurück

Christoph Wildfang
Ein Beitrag von Christoph Wildfang, Evangelischer Pfarrer, Arnoldshain

Auf einem Hügel über unserem Ort im Taunus treffe ich einen jungen Mann. Er sitzt einfach so da. Auf einer Bank vor einer Hütte. Ich gehe diesen Weg öfter. Er ist ein Teil von dem Pilgerweg, den wir von der evangelischen und katholischen Gemeinde eingerichtet haben. Ich kontrolliere die Wegmarkierungen und nagele neue an, wenn welche fehlen.

Ich wundere mich, dass der junge Mann da so versunken ganz alleine sitzt. Ich hämmere ein Pilgerschild an einen Baum und schaue aus dem Augenwinkel nach ihm. Er sieht so aus, als ob er nicht von hier stammt. Überhaupt, er ist zu dünn angezogen. Es ist frisch hier oben auf dem Hügel.

Ich setze mich zu ihm auf die Bank. Wir schauen auf den Ort unter uns. „Ich hab‘ den Brief gekriegt“, sagt er. „Sie wollen, dass ich gehe.“ Er ist aus seiner Heimat geflüchtet und hat hier Asyl beantragt. Er hat den Entscheidern beim Amt für Flüchtlinge sein Herz ausgeschüttet, alles ehrlich erzählt. Noch einmal die traumatischen Erfahrungen auf der Flucht. Die Wochen, die Wege. Die Kilometer zu Fuß. Krasse Erfahrungen. Nun hat er den Brief gekriegt. Abgelehnt. Nicht glaubwürdig. Am besten freiwillig zurück.

Ich höre einfach zu. Was nicht einfach ist. Ich bin hier geboren. Meinen Pass bekam ich als Kind kostenlos. Nichts war wirklich schwierig. Alles gut und behütet organisiert. Ich könnte ihm erzählen, dass wir in unseren katholischen und evangelischen Gemeindehäusern hier Willkommenscafés organisieren. Und Sprachkurse. Dass es viele ehrenamtliche Helfer gibt. Sogar Arbeit. Und gute Rechtsanwälte, die sich mit Asylverfahren auskennen. Aber ich denke, er weiß das schon alles. Wir schauen gemeinsam stumm auf unseren Ort. Auf all die schönen, sicheren Häuser. Alles gut organisiert. Und friedlich. Für die einen ist nichts wirklich schwierig. Und die anderen kriegen einen Brief.

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