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Eigentlich bin ich ganz anders

Eigentlich bin ich ganz anders

Clemens Weißenberger
Ein Beitrag von Clemens Weißenberger, Katholischer Pastoralreferent, Frankfurt
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Eine witzige Feststellung, die steht für mich dieses Jahr am Beginn der Fastenzeit: „Eigentlich bin ich ganz anders, nur komme ich so selten dazu." Denn ich will versuchen, einfach einmal etwas anders zu sein als ich bin. Oder anders zu sein, als man es von mir erwartet.

Ich finde: Das Gute an der Fastenzeit ist es, sich zu besinnen, was wichtig im Leben ist. Was mir etwas bedeutet und was Bedeutung hat. Am allerwichtigsten aber sollte ich mir selbst sein. Also ist es doch auch nur konsequent, einmal innezuhalten und nachzudenken, wie ich bin, wie ich wirke und wie ich gerne sein will.

Anders sein. Anders war ich ja schon in den Fastnachtstagen. Ich bin in andere Rollen eingetaucht, hatte mich verkleidet. Ich konnte sogar die Welt um mich herum anders sein lassen, jeder feiert eben auf seine Art. Jetzt aber sind die Masken abgelegt und die Kostüme wieder im Schrank. Die Alltagskleidung wird wieder getragen.

In den Tagen des Alten Testaments haben die Menschen als Zeichen des Fastens Lumpen getragen und Asche auf ihren Kopf gestreut. Aber Jesus hat schon gesagt, dass das nichts taugt, wenn es nur ein äußeres Zeichen für andere ist. Werdet anders! So hat Jesus uns zugerufen. In der Fastenzeit geht es nicht darum, traurig zu sein, die fröhliche Miene im Keller zu lassen und griesgrämig zu schauen - für die nächsten sechseinhalb Wochen bis Ostern. Das hilft niemandem, weder mir selbst noch den Menschen in meiner Umgebung.

Anders sein, das heißt für mich: den Trott des Alltags festzustellen und zu versuchen, ihn zu verändern. Konkret werde ich in den Fasttagen auf Fleisch und Alkohol verzichten. Freunde haben sich vorgenommen, den Fernseher einen Abend auszulassen und mit den Kindern am Abend ein Gesellschaftsspiel zu spielen. Ein Klassenkamerad meines Sohnes will die ganze Fastenzeit keine Schokolade essen, das wird ganz schön schwer, hat er mir erzählt. Beim Verzichten geht es darum, eine andere Einstellung zu bekommen, eine neue Perspektive zu gewinnen, eine größere Freiheit zu erlangen. Freiheit und Zeit, die ich nutzen kann. Damit ich mich selbst spüre, dass ich mich befreie, dass ich „eigentlich ganz anders bin".

„Eigentlich bin ich ganz anders, nur komme ich so selten dazu." Genau: Dass ich „so selten dazu komme", dies kann ich doch zumindest jetzt, in der Fastenzeit, ändern und „in Gang setzen". Sicher tut es mir gut – und damit auch anderen!

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