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Der Mund ist zum Babbeln da
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Der Mund ist zum Babbeln da

Charlotte von Winterfeld
Ein Beitrag von Charlotte von Winterfeld, Evangelische Pfarrerin, Frankfurt
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Sprecherin: Ingrid el Sigai

 

Als Herbert Föth letztes Jahr gestorben ist, war er 78 Jahre alt. Bei seiner Beerdigung wurden Spenden für den Kindergarten nebenan gesammelt. Jetzt gibt es eine besondere Art von Erinnerung an ihn. Das neue Klettergerüst im Kindergarten heißt nach ihm.

Ein Kletterschiff namens "Föthy"

Seine Frau hat es vor vier Wochen auf seinen Nachnamen „Föthy“ „getauft“. Das Klettergerüst hat die Form eines Schiffes, und die Kinder lieben es heiß. Herbert Föths Name steht für alle lesbar darauf. Darum erzähle ich hier von ihm. Er ist für mich ein Beispiel dafür, wie ein einzelner Mensch viele zusammenbringen kann.  

Herbert, ein hessisches Original

Herbert ist zu Lebzeiten ein hessisches Original. Er ist stolz auf seinen hessischen Dialekt, stolz darauf, Handwerker und Friseur zu sein, stolz auf Frankfurt-Nied, seinen Stadtteil. Er ist aktiv im Vereinsring genauso wie in der Kirchengemeinde. Er hilft bei Gemeindefesten und beim Frankfurt Marathon. Für die Kinder im Kindergarten repariert und organisiert er viel. Manchmal verkleidet er sich auch als Clown und bringt die Kinder zum Lachen.

Herbert bringt Menschen zusammen, auch die der beiden Kirchengemeinden

Noch wichtiger als Rat und Tat: Herbert bringt Menschen zusammen und kennt dabei keine Grenzen und fast keine Vorurteile.

Als die zwei evangelischen Kirchengemeinden in Nied fusionieren, sind einige dagegen. Die zwei Senioren-Frühstücke haben einen sehr unterschiedlichen Stil. Herbert besucht kurzerhand beide Frühstückstreffen und fährt die Gäste, die im anderen Bezirk wohnen, mit seinem kleinen 9-Sitzer-Bus hin und her.

Herbert hilft, wo er kann

Er babbelt mit allen, natürlich auf Hessisch, egal ob sie ihn verstehen oder nicht. Wer in welchem Bezirk wohnt, ist ihm egal. Er kennt die Menschen im Stadtteil, schließt Freundschaft mit vielen Familien, auch anderer Herkunft, verleiht sein Werkzeug oder kommt gleich selbst vorbei, um etwas zu reparieren.

"Der Mund ist zum Babbeln da"

Er sagt: „Der Mund ist zum Babbeln da. Wenn ich nicht mit den Menschen rede, lerne ich sie nicht kennen.“ Dabei ist ihm das Sprechen nicht in die Wiege gelegt. Eigentlich stottert er ein bisschen. Wenn er sich wohlfühlt, passiert das aber nicht.

Ich erinnere mich jetzt jeden Tag an ihn, immer wenn ich am Kindergarten vorbeigehe und das Klettergerüst in Form eines Schiffs sehe, das nach ihm benannt ist: Föthy. Ich erinnere mich an seine Kunst, mit jedem ins Gespräch zu kommen und wirkliches Interesse an den Menschen zu haben.

Ein Klettergerüst als Denkmal für ein Lebenswerk

Die Kinder im Kindergarten haben bei der Schiffstaufe des Klettergerüsts erlebt: Jemand, der nicht mehr lebt, bekommt ein kleines Denkmal für seine Art, für sein Lebenswerk. Und eine Frau, die ihren Mann vermisst, hat einen schönen Moment. Herberts Art lebt weiter: zusammen klettern, miteinander babbeln verbindet.

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