Paradies im Alltag
Alles fing ganz harmlos an. Als Wolfgang und Ursula das alte Bauernhaus kaufen, wollen sie eigentlich nur das schlichte Gärtchen der Vorbesitzerin erhalten: den alten Apfelbaum, den Holunder, Flieder und die zwei kleinen Blumenrabatten. So richtig gärtnern und sich Arbeit machen, nein, das wollen die beiden eigentlich nicht. Doch dann bekommt Ursula von Freunden zum Geburtstag vierzig winzige Buchsbäume geschenkt. Nachbarn bringen dem Paar noch Staudenableger und Blumensamen – und schon ist es um die beiden geschehen.
Wolfgang zeichnet einen Gartenplan und legt mit den Buchssetzlingen die Grundstruktur eines Bauerngartens an. Im Herbst verbuddeln Wolfgang und Ursula Dutzende von Blumenzwiebeln mit Narzissen und Hyazinthen, Tulpen und Osterglocken und achten darauf, dass sich die Farben je nach Jahreszeit abwechseln und immer etwas in Blüte steht. Im Frühjahr sind es die Gelb-Goldtöne, im Sommer leuchtet es mehr blau mit Rittersporn und Lavendel, ab August übernehmen die Rottöne das Farbenspiel. Als ich sie in ihrem kleinen Gartenparadies hinter dem Haus besuche, möchte ich nach kurzer Zeit nur noch eins: langsam durch den Garten schlendern, die Hand durch den Lavendel ziehen, den Bienen zuschauen, den Duft der Rosen genießen. Ja, so muss es gewesen sein, als die Schöpfung begann: „Und Gott pflanzte einen Garten in Eden gegen Osten hin und setzte den Menschen hinein.“
Wolfgang und Ursula jedenfalls sind glücklich in ihrem Garten: Die Schmerzen, unter denen Ursula oft leiden muss, sind wie verflogen, wenn sie sich eine Zeit lang mit der Pflege ihrer Rosen beschäftigt. Beide wissen um die heilende Kraft ihres Gartens, sehen ihn als Geschenk der Schöpfung Gottes. Nur eines wollen sie nicht: Sklaven ihres Gartens werden. Darum genießen sie ihren Urlaub auch gern anderswo. Und in dieser Zeit bekommen dann auch alle Wildkräuter eine Chance.
