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Manchmal sind die die Nächsten, von denen es am wenigsten erwartet wird

Manchmal sind die die Nächsten, von denen es am wenigsten erwartet wird

Ein Beitrag von Helwig Wegner-Nord, Evangelischer Pfarrer, Frankfurt

Die Geschichte klingt, als hätte sie sich jemand ausgedacht. Klingt, als hätte die Religionslehrerin ihrer Klasse eine aktuelle Version der Erzählung vom ‚Barmherzigen Samariter‘ mitgebracht. Wie war das mit dem ‚Barmherzigen Samariter‘? Es ist die wohl bekannteste Erzählung Jesu. Er beantwortet mit ihr die Frage, was Nächstenliebe ist.

Ein Mann ist auf dem Weg von Jerusalem nach Jericho unterwegs, das ist ein öder Weg, knapp dreißig Kilometer lang, mit tausend Metern Höhendifferenz. Unterwegs wird er überfallen und ausgeraubt liegen gelassen. Nachdem schon zwei andere an ihm vorbei gegangen sind, ohne ihm zu helfen, kommt nun ausgerechnet ein Mann aus Samaria und kümmert sich, versorgt ihn und bringt ihn in eine Herberge. Die Menschen aus Samaria waren fremd in Judäa. Sie lebten im Norden des Landes und waren wenig anerkannt in der Jerusalemer Gesellschaft.

Jesus sagt: Es geht nicht darum, woher jemand stammt. Nicht darum, welchen Rang jemand hat, wie anerkannt oder wie verachtet jemand ist. Das, was dieser Mann aus Samaria, eben der ‚Barmherzige Samariter‘ tut, das ist das, worum es geht: er lässt im richtigen Moment sein Herz sprechen.

Auf der Bundesstraße 521 von Altenstadt nach Büdingen tun die zwei Syrer, die das verunglückte Auto sehen, im richtigen Moment das, was ihnen ihr Herz eingibt. Sie wissen natürlich nicht, wen sie da aus dem Auto befreien. Das ist ihnen auch nicht wichtig. Sie sehen, dass er in Not ist, öffnen den Sicherheitsgurt und ziehen den blutenden Mann aus dem Auto. Er hat Schnittverletzungen im Gesicht und Beinbrüche. Die Flüchtlinge bleiben bei ihm, bis der Rettungswagen kommt.

Ich freue mich, dass diesem NPD-Mann, der gerne von „Asylmissbrauch“ spricht und meint, dass „das Boot voll“ sei, gerade von den beiden Flüchtlingen geholfen wurde. Vielleicht lässt es ihn doch nachdenklich werden. Vielleicht beschämt ihn das. Vielleicht erkennt er, was wirklich zählt. Es ist wie in der Erzählung vom ‚Barmherzigen Samariter‘: manchmal sind die die Nächsten, von denen es am wenigsten erwartet wird.

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