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Gönnen können
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Gönnen können

Claudia Rudolff
Ein Beitrag von Claudia Rudolff, Rundfunkpfarrerin der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck, Kassel
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Neid vergiftet so manche Beziehung. Vor allem, wenn jemand das Glück anderer als sein persönliches Unglück betrachtet. Dazu erzählt Jesus im Neuen Testament folgende Geschichte (Mt 20,1-14):

Die Geschichte vom Weinbergbesitzer

Ein Weinbergbesitzer geht früh am Morgen los, um Arbeiter anzuwerben für seinen Weinberg. Er geht auf den Markt – wir würden heute sagen, aufs Arbeitsamt. Er fragt die, die er dort findet: „Habt ihr noch keinen Job? Dann arbeitet für mich.“

Um 9 Uhr stellt er einige der Männer ein und vereinbart mit ihnen ihren Lohn. Sie bekommen einen Denar. Das ist damals ein gutes Geld für einen Tag Arbeit. Das reicht, um die nötigsten Ausgaben zu decken.

Der Weinbergbesitzer braucht aber noch mehr Arbeiter. Deshalb geht er weitere drei Male zum Markt und stellt Tagelöhner ein: Mittags, dann am frühen Nachmittag und sogar noch einmal um 17 Uhr.

Spannend wird es am Abend, als der Weinbergbesitzer den Lohn auszahlt. Er gibt zuerst denen ihr Geld, die er spät am Nachmittag eingestellt hat. Er gibt ihnen einen Denar. Großzügig!

Gleicher Lohn für ungleiche Arbeit

Nun hoffen die, die früh angefangen haben, entsprechend mehr zu bekommen. Sie haben schließlich viel mehr gearbeitet. Aber sie bekommen den gleichen Lohn. Sie werden sauer und diskutieren mit dem Weinbergbesitzer: „Was soll das? Die Letzten haben nur eine Stunde gearbeitet und bekommen das Gleiche wie wir. Wir haben den ganzen Tag in dieser Hitze geschuftet. Das ist doch ungerecht!“

Der Weinbergbesitzer antwortet: „Ihr habt keinen Grund, sauer zu sein. Ich habe euch für einen Denar eingestellt, und ihr wart einverstanden. Den habt ihr jetzt auch bekommen. Die anderen brauchen auch einen Denar, um ihren Lebensunterhalt zu bestreiten. Seid ihr etwa neidisch, weil ich will, dass die auch von ihrem Geld leben können?“  

Ich kann die Arbeiter, die den ganzen Tag geschuftet haben, gut verstehen. Erstmal wirkt es ungerecht. Gleicher Lohn für ungleiche Arbeit. Da wird man sich ja wohl noch aufregen dürfen.

Neid auf andere, obwohl es mir gut geht

Das Gefühl kenne ich: Obwohl es mir gut geht, bin ich neidisch auf andere, denen unverdient Gutes widerfährt. Dieser Neid vergiftet mich und die Beziehung zu anderen. Aber ich will mich nicht vergiften lassen. Darum versuche ich gegenzusteuern.

Dankbarkeit ist ein Mittel gegen Neid

Ich bitte Gott darum, dass ich dankbar auf das schaue, was ich habe. Dankbarkeit ist ein Mittel gegen Neid. Und ich bitte Gott um die Gabe, mich  mit denen zu freuen, die unverdient Gutes bekommen. Das habe ich schließlich selbst auch schon erlebt: Ich habe etwas geschenkt bekommen – einfach so. Jemand hat mir einen Fehler vergeben. Nicht weil ich alles wieder gut gemacht habe, sondern weil das ein großzügiger Mensch war. Er wollte nicht, dass der Fehler länger zwischen uns steht. Das nenne ich unverdientes Glück.

Immer wenn in mir Neid aufkommt, versuche ich daran zu denken: an die Dankbarkeit für das, was ich habe. Und daran: Ich will anderen ihr unverdientes Glück gönnen können.

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Claudia Rudolff
Ein Beitrag von Claudia Rudolff, Rundfunkpfarrerin der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck, Kassel
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Neid vergiftet so manche Beziehung. Vor allem, wenn jemand das Glück anderer als sein persönliches Unglück betrachtet. Dazu erzählt Jesus im Neuen Testament folgende Geschichte (Matthäus 20,1-14):

Ein Weinbergbesitzer geht früh am Morgen los, um Arbeiter anzuwerben für seinen Weinberg. Er geht auf den Markt – wir würden heute sagen, aufs Arbeitsamt. Er fragt die, die er dort findet: "Habt ihr noch keinen Job? Dann arbeitet für mich."

Um 9 Uhr stellt er einige der Männer ein und vereinbart mit ihnen ihren Lohn. Sie bekommen einen Denar. Das ist damals ein gutes Geld für einen Tag Arbeit. Das reicht, um die nötigsten Ausgaben zu decken.

Der Weinbergbesitzer braucht aber noch mehr Arbeiter. Deshalb geht er weitere drei Male zum Markt und stellt Tagelöhner ein: Mittags, dann am frühen Nachmittag und sogar noch einmal um 17 Uhr.

Gleicher Lohn für ungleiche Arbeit

Spannend wird es am Abend, als der Weinbergbesitzer den Lohn auszahlt. Er gibt zuerst denen ihr Geld, die er spät am Nachmittag eingestellt hat. Er gibt ihnen einen Denar. Großzügig!

Nun hoffen die, die früh angefangen haben, entsprechend mehr zu bekommen. Sie haben schließlich viel mehr gearbeitet. Aber sie bekommen den gleichen Lohn.

Sie werden sauer und diskutieren mit dem Weinbergbesitzer: "Was soll das? Die Letzten haben nur eine Stunde gearbeitet und bekommen das Gleiche wie wir. Wir haben den ganzen Tag in dieser Hitze geschuftet. Das ist doch ungerecht!"

Der Weinbergbesitzer antwortet: "Ihr habt keinen Grund, sauer zu sein. Ich habe euch für einen Denar eingestellt, und ihr wart einverstanden. Den habt ihr jetzt auch bekommen. Die anderen brauchen auch einen Denar, um ihren Lebensunterhalt zu bestreiten. Seid ihr etwa neidisch, weil ich will, dass die auch von ihrem Geld leben können?" 

Da wird man sich ja wohl noch aufregen dürfen!

Ich kann die Arbeiter, die den ganzen Tag geschuftet haben, gut verstehen. Erstmal wirkt es ungerecht. Gleicher Lohn für ungleiche Arbeit. Da wird man sich ja wohl noch aufregen dürfen.

Das Gefühl kenne ich: Obwohl es mir gut geht, bin ich neidisch auf andere, denen unverdient Gutes widerfährt. Dieser Neid vergiftet mich und die Beziehung zu anderen.

Neid vergiftet - aber ich will nicht giftig werden

Aber ich will mich nicht vergiften lassen. Darum versuche ich gegenzusteuern. Ich bitte Gott darum, dass ich dankbar auf das schaue, was ich habe. Dankbarkeit ist ein Mittel gegen Neid.

Und ich bitte Gott um die Gabe, mich  mit denen zu freuen, die unverdient Gutes bekommen. Das habe ich schließlich selbst auch schon erlebt: Ich habe etwas geschenkt bekommen – einfach so. Jemand hat mir einen Fehler vergeben. Nicht weil ich alles wieder gut gemacht habe, sondern weil das ein großzügiger Mensch war. Er wollte nicht, dass der Fehler länger zwischen uns steht. Das nenne ich unverdientes Glück.

Immer wenn in mir Neid aufkommt, versuche ich daran zu denken: an die Dankbarkeit für das, was ich habe. Und daran: Ich will anderen ihr unverdientes Glück gönnen können.

 

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